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Etappe 9 von Füssen zum Tegelberg

Da die Wetterprognose hohe Temperaturen voraussagt und wir heute hoch hinaus wollen, starten wir früh. Kurz nach 8 Uhr wandern wir durch die menschenleere, wunderbar schöne Altstadt von Füssen. Alles ist frisch und ruhig.

Kein Vergleich mit gestern Abend, als an der Reichenstrasse, der Hauptgasse, alles gerammelt voll war und gefühlt alle 50 Meter eine Musik spielte. Wir befinden uns hier im touristischen Epizentrum des bayerischen Märchenkönigs Ludwigs II. Und das merkt man. An jeder Ecke kann man Kitsch kaufen, oder Musicalkarten zu LUDWIG². Marketingmässig wird nichts ausgelassen. Den Leuten scheint es zu gefallen, in der Altstadt gab es gestern kaum ein Durchkommen. Im Restaurant erklärte uns der Wirt, er könnte jeden Tisch abends dreimal verkaufen.

Der erste Abschnitt führt über die Lech und dann den Kalvarienberg hoch. Das bedeutet ein erster steiler Anstieg, der oben mit einem prächtigen Blick über die Stadt endet.

Oben beim Füssener Kalvarienberg.
Blick auf Füssens Altstadt.

Der anschliessende Alpenrosenweg wird seinem Namen nicht gerecht, dafür kommen uns zwei Läuferinnen entgegen, die wohl auch die Morgenruhe schätzen. Linkerhand in der Tiefe können wir den Schwansee ausmachen. Die Gegend um Füssen ist übersät mit Seen. Ein kurzer Abstieg führt uns zum Alpsee. Hier tummeln sich die Touristen, die mit Bussen herangekarrt werden, denn es gibt das Schloss Hohenschwangau zu bewundern, eines der kunstvollen Schlösser Ludwigs II. Daneben befindet sich das zugehörige Museum, in dem man sicher einges erfahren würde. Allein, wir haben andere Pläne. Wie die meisten hier; ich höre, wie eine amerikanische Mutter ihre Familie informiert: „Just a short stay – 30 minutes!“ Diese Zeitspanne reicht aber aus, dass sich die perfekt geschminkten jungen Instagrammerinnen vor dem Alpsee gekonnt in Szene setzen können. Die sozialen Medien wollen schliesslich gefüttert werden.

Schloss Hohenschwangau.
Das Museum mit allem zu Königen und Schlössern.
Instagrammable!

Wir schmunzeln über den touristischen Massenbetrieb und die Auswüchse hier. Alles will hoch zu Schloss Neuschwanstein; die Strasse ist tagsüber exklusiv für die Touristen-Shuttles reserviert, also muss, wer kein Bus-Ticket hat, den steilen Kiesweg hochmarschieren. Kein Ticket hat auch das polnische Paar, das mit seinem Auto den Kiesweg hochfahren will und an der Schranke vom Personal freundlich, aber sehr bestimmt über das kleine Einmaleins des Neuschwansteinbesuchs informiert wird.

Hier werden von 08:00 bis 19:00 Uhr Touristen hochtransportiert.

Wir wandern gemütlich mit vielen anderen hoch und gehen davon aus, dass unsere Wanderroute bald vom Weg abzweigt und wir in Ruhe hochsteigen können. Aber weit gefehlt! Unsere Route führt direkt über die Marienbrücke, die in atemberaubenden 90 Metern Höhe die Pöllatschlucht überspannt, und die einen ebenso atemberaubenden Blick auf Schloss Neuschwanstein erlaubt, das bayerische Zentrum des Kitsches. Ebenso beeindruckend ist später auch der Blick von oben auf die Marienbrücke.

Phantastischer Blick auf Schloss Neuschwanstein.

Phantastischer Blick auf die Touristen, die einen phantastischen Blick auf Schloss Neuschwanstein haben.

Jetzt endlich zweigen wir ab und werden gleich eingestimmt auf den ruppigen Anstieg. Die ersten dreihundert Höhenmeter sind richtig streng, grosse Stufen, verblocktes Terrain, viele grosse Wurzeln fordern volle Konzentration. Zwischendurch ist nicht immer ganz klar, welches der Hauptpfad ist und wir stehen einmal kurz vor einem wirklich steilen Abhang, wo andere Wanderer am Fotografieren sind. Der Blick in die Weite ist aber auch unbezahlbar. Wir haben, passend zur Gegend und zum Thema, wirklich königliches Wetter.

Jetzt wird’s ernst, der Aufstieg beginnt.
Blick auf zwei der acht Seen. Der Forggensee und rechts der Bannwaldsee.

Der Weg führt im Wald hoch, wir sind oft nur wenig der Sonne ausgesetzt, zum Glück. Im oberen Abschnitt wird der Weg wieder etwas breiter und angenehmer zu gehen und so erreichen wir in drei Stunden die Bergstation der Tegelbergbahn, unseren heutigen Etappenendpunkt.

Das Ammergebirge. Unten rauscht die Pöllat in der gleichnamigen Schlucht.

Hier oben herrscht ziemlich Betrieb. Vor allem beim Startpunkt der Gleitschirm- und Hängegleiterpiloten versammelt sich viel Publikum, das filmt und kommentiert oder einfach nur die spektakuläre Szenerie geniesst. Wir können uns grad keinen schöneren Ort vorstellen; oder doch?

Anderswo soll es noch schöner sein? Ach was.
Flugbetrieb auf dem Tegelberg. Hinten die Gleitschirme, vorne die Hängegleiter.
Kurz vor dem Start.

Wir verspeisen das Lunchpaket des Hotels, lassen Beine und Seele baumeln und gucken in die Gegend. Schön ist’s.

Mit der Seilbahn gleiten wir später in wenigen Minuten dem Tal entgegen; aus der Kabine erspähen wir einen zweiten Pfad, der auf den Tegelberg führt, der noch steiler als unserer aussieht. Ähh, danke nein, lieber die Seilbahnkabine.

Unten staunen wir über die Massen, die noch hoch wollen. Die Leute warten in der Talstation und in drei Reihen vor der Talstation. Das dauert wohl, denn die Kabine fasst nur 34 Personen. Das macht uns ein wenig Sorgen, denn unsere nächste Etappe morgen startet oben auf dem Tegelberg, wir müssen also mit der Bahn hoch, die erste Fahrt ist um 9 Uhr, der Wetterbericht ist sehr gut, da sind wir wohl nicht alleine. Wir kaufen für alle Fälle schon einmal die Tickets für morgen.

Talstation der Tegelbergbahn. Riesige Warteschlange um 12:45 Uhr. Die wollen alle noch hoch.

Dann geht es mit dem Bus 78 bis zur Haltestelle „Füssen, Pulverturm“. Wir vertrödeln noch etwas Zeit im wunderbaren Baumgarten über der Stadt, schlendern dann am Hohen Schloss vorbei zum Bahnhof, wo wir eine eiskalte Cola kaufen, die wir auf einer Bank im bahnhofsnahen Park trinken. Vor uns in der Wiese haben zwei junge auffallend gut angezogene Frauen eine Decke ausgebreitet, nein, kein Picknick, sie setzen sich in Pose und fotografieren sich gegenseitig mit ihren Smartphones.

Brige entsorgt die leere PET-Flasche im Abfalleimer neben der Bank. Rasch nähert sich eine ältere Frau und fischt die Flasche wieder raus, denn in Deutschland gibt es Pfand auf PET-Flaschen.

Ein Eingang ins „Hohe Schloss“in Füssen.
Richtig; hier ist unter anderem das Finanzamt untergebracht. Brige denkt über eine berufliche Neuorientierung nach.

Doch zurück zu den wichtigen Fragen für uns Royal-Experten. Woran starb König Ludwig II wirklich? Ist die offizielle Todesursache Selbstmord korrekt? Oder werden auch hier wichtige Fakten unterschlagen? Was wusste der Fischer, der die Leiche fand? Wer mehr erfahren will, liest hier weiter.

Ludwig II; Büste unterhalb der Ruine Falkenstein.

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  • Fritz & Verena Eichenberger 12. August 2023, 16:45, 16:45

    Schönen Sonntag Ihr lieben Wandervögel. Am letzten Wandertag wünschen wir Euch zum Abschluss weniger Touristen und nochmals Königswetter. Dass Füssen dauernd von Besuchern überquillt haben wir vor Jahren auch schon erlebt. Nochmals vielen Dank für die Berichte und die interessanten Fotos. Gute Heimreise und auf Wiedersehen in Brugg. Vreni und Fritz