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Rothaarsteig Etappe 8 von Wilgersdorf nach Dillenburg

Ruhig war’s letzte Nacht; kein Wunder, wir sind die einzigen Gäste im Haus, das 44 Zimmer umfasst. Im grossen Speisesaal ist für uns aufgedeckt, der Wirt hat das komplette Frühstücksbuffet bereit gestellt und macht extra ein riesiges Rührei für uns.

Wohlgenährt ziehen wir los. Für den Zustieg zum Rothaarsteig wählen wir eine direkte Route, die uns ins Schwitzen bringt. Es ist jetzt schon sehr schwül und wegen der Feuchte ziehen Nebelschwaden vorbei, oder ist das tiefhängende Bewölkung? Die Rotorblätter der nahegelegenen Windkraftanlage sieht man kaum im Nebel.

Hochnebel oder tiefhängende Bewölkung.
Nebel oder tiefhängende Bewölkung.
Windkraft, gut getarnt.
Windkraft, gut getarnt.

Die Wanderwege sind vom gestrigen Niederschlag nass, das Gras ist niedergedrückt. Trotz Goretex-Membran werden unsere Schuhe, Socken und Füsse nass, und sie bleiben es bis Dillenburg.

Nasse Graspfade führen zu ...
Nasse Graspfade führen zu …
... nassen Schuhen.
… nassen Schuhen.

Die Streckenführung ist heute zu Beginn etwas komplizierter als sonst, denn in der Nähe von Wilgersdorf verzweigt sich der Rothaarsteig in zwei gleich markierte Äste, die als östlicher „Hauptweg“ und als westliche „Westerwaldvariante“ beide nach Dillenburg führen. Zudem sind noch diverse Zustiegsrouten signalisiert. Wir biegen in die Hauptvariante ein, die uns in einem dauernden leichten Auf und Ab durch den Wald zur imposanten Lucas-Eiche und weiter nach Rodenbach führt, einem kleinen Dörfchen, das mit seltsamen Anschlägen an einem Scheunentor, schönen Fachwerkhäusern, einem Bahnübergang und einer Brücke über die Dill aufwartet.

Scheunentor in Haiger-Rodenbach mit seltsamen Ankündigungen.
Scheunentor in Haiger-Rodenbach mit seltsamen Ankündigungen. („Osteoporose Symposium Hörsaal 3“, „Die Süßigkeiten befinden sich zur Zeit im Müller-Milch-Kühlschrank“, „Wartezone für Blutdruck- und Pulskontrolle“)
Gleich gegenüber findet sich ein schönes Fachwerkhaus.
Gleich gegenüber findet sich ein schönes Fachwerkhaus.

Nach Rodenbach steigt der Weg steil und direkt an, wir schwitzen wie die Rennpferde. Also Pause! Bei einer schönen Waldhütte rasten wir, und Brige verzehrt ihr erstes und einziges Leberwurst-Sandwich auf dieser Tour mit grösster Freude. Grösste Freude an uns haben auch die Mücken, wir müssen sofort zu Diethyltoluamid DEET (Anti-Brumm) greifen, um der Plage Herr zu werden.

Letzte Mittagsrast.
Letzte Mittagsrast.

Nach der Rast geht’s steil hinunter nach Manderbach, ins Tal des Flüsschens Dietzhölze, wo wir an drei schönen Schwarzerlen vorbeiwandern.

Drei Schwarzerlen bei Manderbach.
Drei Schwarzerlen bei Manderbach.

Auf der anderen Talseite stossen wir beim nächsten Anstieg auf eine interessante Ansaat. Da sind in Längsstreifen abwechselnd Kartoffeln und Blühstreifen angesät, wir haben keine Ahnung, wie das genau funktioniert. Vermutlich sind das Einsaatbrachen, damit sich der Boden erholen kann. Jedenfalls ist es schön anzusehen.

Interessante Bepflanzungen.
Interessante Bepflanzungen.

Beim Aufstieg hoch zum Galgenberg schwitzen wir weiter, obwohl es immer noch bewölkt ist. Die Luft ist zum Schneiden feucht. Das klebrige Gemisch aus Sonnencrème, Anti-Brumm und Schweiss ist das Markenzeichen jedes engagierten Sommer-Wandernden …

Beim ersten Abstieg nach Dillenburg passieren wir den Kilometrierungsstein 150 km. Also nur noch 5 Kilometer bis zum Ziel.

Der 150er! Das Ziel ist nahe!
Der 150er! Das Ziel ist nahe!

Nur noch über die Strasse, und dann sind wir da. Denkste … Diese letzten fünf Kilometer haben es in sich, denn es geht noch zweimal 100 Meter hoch und wieder runter. Wäre Dillenburg ein Zifferblatt, dann wandern wir von 10 Uhr bis 15 Uhr, bevor wir endgültig in die Oranierstadt absteigen. Unterwegs bieten sich vom Adolfshöhe-Pavillon und dem Bismarck-Tempel wunderbare Blicke auf die Stadt und das Schloss Dillenburg mit dem Wilhelmsturm.

In der Industriezone.
Hier über die Strasse. In der Industriezone.
Blick auf die Dill.
Schon wieder die Dietzhölze.
Blick auf die Dillenburg mit Wilhelmsturm.
Erster Blick auf die Dillenburg mit Wilhelmsturm.
Der Adolfshöhe-Pavillon.
Der Adolfshöhe-Pavillon.
Bei der Adolfshöhe.
Bei der Adolfshöhe.
Ein besserer Blick auf die Dillenburg mit dem Wilhelmsturm.
Vom Bismarck-Tempel aus hat man einen noch besseren Blick auf Dillenburg und die Dillenburg mit dem Wilhelmsturm.

Als wir nach dem Abstieg vom Bismarck-Tempel das Ufer der Dill erreichen, werden wir von Otto von Bismarck persönlich begrüsst. Um die Standfestigkeit von Bismarcks ist es schlecht bestellt; die Haltebolzen sind durchgerostet, die Statue wackelt und hat sich mehrere Zentimeter Richtung Fluss bewegt. Vor einigen Jahren hat man deshalb von Bismarck mit Spanngurten am Sockel festgeschnallt, um das Schlimmste zu verhindern.

Otto von Bismarck, Dillenburger Ehrenbürger.
Otto von Bismarck, Dillenburger Ehrenbürger.

Wir betreten müde, aber zufrieden die Fussgängerzone in Dillenburg und wenden uns nicht links dem Hotel zu, sondern auf Briges dringenden und mit Nachdruck vorgebrachten Wunsch rechts dem Café Mampe, wo wir uns mit Cappuccino und Kuchen stärken.

Dillenburg hat eine kleine hübsche Altstadt, es ist wenig los, kaum Touristen, schon gar keine Wanderer, viele Läden sind geschlossen, weil Montag ist. Im Hotel werden wir wieder zu normal riechenden Mitmenschen. Nachtessen gibt’s im „The Original Beef“ an einem Aussensitzplatz in der Altstadt, den wir nach einer halben Stunde blitzartig verlassen müssen, weil auch heute ein Wolkenbruch niedergeht. Wir flüchten ins Innere und schmunzeln, weil wir den ganzen Wandertag heute keinen Regentropfen gesehen haben!