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dOCUMENTA (13), erster Tag

Vor genau einer Woche sind wir in Kassel angekommen, haben noch im Bahnhof zwei Zwei-Tageskarten gekauft, haben das Hotelzimmer im Stadtzentrum bezogen und sind dann zu Fuss Richtung Karlsaue aufgebrochen. Über die ganze Karlsaue, diesen riesigen Park, sind sicher über 50 Kunstwerke verstreut; die meisten sind in kleinen Holzbungalows untergebracht. Der afghanische Künstler Barmak Akram hat das erste Häuschen bespielt, wie das im Kulturjargon heisst. Akram schneidet und reisst aus westlichen Illustrierten feine Figuren heraus, etwa einen Ast mit Pfirsichen. Wenn man genau hinschaut, entdeckt man Teile von Händen, Gesichtern und nackten Frauenhintern der ursprünglichen Seiten. Das Ganze hat uns trotz des subversiven Charakaters nicht wirklich angesprochen.

Dafür steht in der Nähe des Holzhäuschens ein ganz kleines Bäumchen, der Korbiniansapfelbaum. Der KZ-Insasse Korbinian Aigner hat diese Apfelsorte heimlich gezüchtet. Dem Apfel werden wir noch mehrfach begegnen.

So reiht sich ein Kunstwerk ans andere. Ein erstes Glanzstück ist für mich Anna Maria Maiolinos Werk Here & There. Zuerst hört man Vogelpfiffe aus dem Gebüsch, dann steht man nicht vor einem Holzbungalow, sondern vor einem richtigen Haus, das sehr sehr seltsam ausgestattet ist. Vom Keller bis in den Estrich sind alle Räume mit wurstigen Tonformen bedeckt. Zwischendurch versperren dichte Pflanzenhecken, aus denen seltsame Geräusche dringen, den Blick in andere Räume. Das sieht irritierend aus und hat uns sehr gut gefallen.

Nach einer Stärkung in einem zum Restaurant umfunktionierten Treibhaus spazieren wir an Shinro Ohtakes Mon Cherie vorbei, einem abgewrackten Gehütt, das von allen gelobt wurde, dem wir aber nicht viel abgewinnen konnten.

Dann kommen wir an Pedro Reyes SANATORIUM vorbei, wo sich die Besucher nach einem kurzen Gespräch mit einem Therapeuten gegen Zivilisationskrankheiten wie Stress oder Einsamkeit behandeln lassen können. Im Angebot stehen 16 Kunsttherapien. Da die Warteschlange sehr lange ist, lassen wir die Kunst-Impfung aus.

Auf dem Rückweg stossen wir auf ein geheimnisvolles Schilffeld. Als wir näher kommen, entdecken wir darin ein rechteckiges Becken, in dem eine perfekte Welle hin- und her schwappt. Ohne Titel (Wave) heisst Massimo Bartolinis kontemplatives Werk.

Weil wir immer noch aufnahmefähig sind, besuchen wir noch das Ottoneum.
Bericht folgt!

Um etwas mehr über Künstler und Werke zu erfahren, haben wir am ersten Abend Das Begleitbuch zur Documenta erworben. Der Wälzer mit 538 Seiten kommt nicht gerade handlich daher …