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Westerwaldsteig Tag 4: Fuchskaute – Rennerod

Auch heute wieder herrscht wunderbares Hochsommerwetter. Die Luft ist morgens glasklar; wir sehen, wie sich die Windräder im Luftzug drehen. Für die Hotelgäste ist ein kleiner Teil im Saal abgesperrt, im übrigen Bereich zähle ich gut 200 Sitzplätze. Ich möchte nicht wissen, wie es hier an einem Spitzentag brummt. Doch, eigentlich möchte ich es schon wissen, nur nicht gerade jetzt beim Frühstück. Wir sind praktisch alleine, nur noch ein zweites Ehepaar widmet sich ebenfalls der reichhaltig belegten Platte, die jeder Tisch erhält. Käse, Wurstwaren, Brötchen, wunderbar! Auch den Fliegen schmeckt das Frühstück, Brige wedelt ordentlich mit der Hand. Die Fliege an ihrem Oberschenkel entpuppt sich als Biene, der Stich schmerzt zünftig. Ich geniesse derweil ein feines Honigbrötchen.

Heute erwartet uns eine Sprintetappe, denn es geht praktisch die ganze Strecke leicht bergab. Wir queren den Windpark mit den 12 Windrädern, wo sich auch eine Schautafel mit den wichtigsten technischen Daten befindet. Der Rotor ist 34 Tonnen schwer, die Blätter verstellbar und die CO2-Einsparung enorm. Mehr dazu findet man hier.

Bei einem Erholungsheim in der Nähe von Homberg gehen wir falsch. Meint Brige. Schliesslich seien die Westerwaldsteig-Zeichen übermalt. Ich aber beharre darauf, dass wir uns genau auf der Route befinden, wie sie in der Karte eingezeichnet ist. Etwas später vereinen sich alte und neue Route wieder. Wir einigen uns auf halbfalsch.

Mittlerweile erreichen wir die Ortschaft Rehe, dessen berühmtes Fachwerk-Rathaus über einen evangelischen Betsaal im ersten Stock verfügt. Das Gebäude ist wirklich schmuck, nur schade, dass es komplett mit geparkten Fahrzegen zugestellt ist. Etwas unterhalb Rehe gelangen wir zur Krombachtalsperre, einem kleinen Stausee, der jetzt gerade über recht wenig Wasser verfügt. Hier rasten wir und es geschieht ein Wunder: Ein Wanderer! Der erste, der uns in den drei Tagen begegnet ist.

Etwas später holen wir ihn ein, als er seinerseits eine Pause einlegt. Nun führt der Weg entlang eines militärischen Übungsplatzes, wo bei Betreten vor «Schusswaffengebrauch» gewarnt wird. Also bleiben wir brav auf dem Weg. So brav, dass wir prompt einen Abzweiger verpassen. Zum Glück ist unser Mitwanderer nur kurz hinter uns, er ruft uns zurück und führt uns auf den rechten Pfad.

Rennerod rückt näher. Wir umgehen das Dorf nördlich und stossen am Waldrand auf den Butterweck, einen Haufen mit Kugelbasaltgestein, das von der Form her tatsächlich an ein Brötchen erinnert. Die Stelle war zugleich die geografische Mitte der Bundesrepublik Deutschland. Nach dem Mauerfall ist dieser Punkt nach Nordosten nach Niederdorla in Thüringen gewandert. Seltsame Bänke haben sie übrigens in Rennerod mit einer viel zu hohen Sitzfläche. Man solle Beine und Seele baumeln lassen und die Gelenke entspannen, klärt uns die Hinweistafel auf. Zudem solle man die Füsse kreisen lassen, um die Pumpleistung des Herzens zu erhöhen. Das sieht alles fürchterlich unbequem aus; ich erhöhe meine Pumpleistung lieber beim Wandern …

Wir passieren unseren rastenden Mitwanderer, er zieht gleich, als wir das nächste Mal rasten und wir unterhalten uns angeregt über den Westerwald-Steig. Er sei hier aus der Gegend, hätte den Steig schon zweimal vollständig abgewandert, aber heute gönne er sich nur eine schöne Tagesetappe, das Stück, das wir nicht wandern werden, also das nach Hachenberg, sei eigentlich noch schöner. Gut zu wissen.

Kurz darauf verlassen wir den Wanderweg und marschieren ins Zentrum von Rennerod zum Hotel Röttger. Die 27 Grad brennen unbarmherzig, nach wie vor kein Wölkchen am stahlblauen Himmel. Wir beziehen das Zimmer, leisten uns im Biergarten ein richtig grosses Bier, erkunden den Ort, der von einer stark befahrenen Strasse geteilt wird, dann gibt’s Kuchen und Kaffee in der Konditorei Brömmel, und jetzt freuen uns auf das Abendessen. Wirt und Küche machen einen sehr vielversprechenden Eindruck!