Nach einer Nacht im eiskalten Zimmer ohne Fernsehapparat werden wir beim Frühstück mit viel Aufmerksamkeit von der Grossmutter des Hauses bedient. Immer wieder fragt sie, ob alles recht sei und ob genug auf dem Tisch stehe. Ja, ist es und tut es. Wir richten unsere Sandwiches gleich selber und ziehen um neun Uhr los auf die letzte Etappe.
Weil wir den Abzweiger Richtung Bergseite nicht finden, beschliessen wir, das erste Mal auf unserer Tour ein längeres Stück direkt dem Rhein entlang zu wandern und erst bei der Burg Rheinstein wieder bergwärts zu steigen.

Das bereuen wir nicht, denn ein im Boden eingelassenes Metallband zeigt an, dass wir den 50. Breitengrad von Norden nach Süden überschreiten – welch grandioses Gefühl! Das Lastschiff, das sich rheinaufwärts bewegt, ist nur unwesentlich schneller als wir es zu Fuss sind. Auch heute sind wieder allerlei Schiffe unterwegs, etwa das Mainzer Feuerwehrschiff.

Bei der Burg Rheinstein steigen wir hoch und kommen wieder ordentlich ins Schwitzen. Mir gefällt der eiserne Korb, der an einer Stange zuoberst aussen am höchsten Turm der Burg hängt; der war sicher für die Gefangenen bestimmt.


Über einen kleinen Anstieg gelangen wir ins Morgenbachtal: ein Wald wie im Märchen, bemooste Bäume, ein Bächlein plätschert, da und dort Pilze.

Zuoberst im Tal zweigt ein Seitental ab, wo verschiedene Künstler in viele Wurzeln und Stämme Gesichter geschnitzt haben.

Die «Villa rustica», die Ausgrabungsstätte einer römischen Villa, lassen wir rechts liegen, das kennen wir von zuhause nur zu gut.
Von jetzt an geht es nur noch abwärts Richtung Bingen. Am Gegenhang des Rheins sieht man bereits die Weinanbaugebiete von Rüdesheim.

Die Stadt Hildegards gilt als Weinzentrum, wir finden allerdings kaum Weinhandlungen, wo wir uns mit einem Notvorrat an Riesling eindecken könnten. Wir sind im Café Köppel untergebracht. Das trifft sich gut, haben wir uns inzwischen doch daran gewöhnt, uns nach dem Wandern mit Kaffee und Kuchen – vorzugsweise Bienenstich – zu stärken! Später steigen wir noch zur Burg Klopp hoch, wo die Stadtverwaltung residiert, und zwar nicht schlecht!