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RheinBurgenWeg Tag 6: Von Bacharach nach Trechtingshausen

Mittlerweile sind wir auf unserer plastifizierten Wanderfaltkarte auf Blatt Nummer 21 angekommen. Unsere Wanderung neigt sich dem Ende entgegen. Heute aber erwartet uns die Königsetappe, also heisst es beim Frühstück ordentlich zuschlagen. Am Nebentisch sitzt eine fröhliche russische Gruppe; einer hat eine kleine Plastikpuppe mitgebracht, die wie ein Miniaturbayer aussieht und die wie ein Lachsack lacht. Zuerst lacht die Puppe, dann schüttet sich eine Frau aus der Gruppe vor Lachen aus und gluckst so ansteckend, dass der ganze Saal mitlachen muss.

Wir richten unsere Sandwiches her, für die uns die Wirtin extra Beutel mit der Aufschrift «Welterbe knackfrisch, Welterbe-Gastgeber» reicht. Viertel vor neun brechen wir auf. Der gelbrot markierte Zubringerweg zweigt genau bei dem Haus ab, wo Brige am Vorabend versucht hat, das mit Kreide geschriebene 20*C*M*B*11 wegzuwischen. Ich konnte sie gerade noch zurückhalten. Der Zubringerweg folgt der alten Stadtmauer, will heissen, er steigt wie immer steil hoch; wir sind in kürzester Zeit auf Betriebstemperatur beziehungsweise bereits darüber. Die Burg Stahleck lassen wir schnöde rechts liegen, wir sind ein wenig «burgengeschädigt» nach den letzten Tagen.

Schon geht es in die ersten Quertäler: Leicht abfallend vom Rhein weg laufen, am tiefsten Punkt den Bach übequeren und auf der anderen Seite gegengleich wieder leicht hochsteigend Richtung Rhein wandern.

Im dritten Quertal, beim Abstieg nach Oberdiebach, treffen wir in einem Weinberg auf eine Gruppe, die mit der Lese beschäftigt ist. Der Traktor auf dem Fahrweg ist mit einem interessanten Anhänger ausgerüstet. Dessen Ladefläche ist seitlich Richtung Rebhang gekippt. Auf der Ladefläche ist eine Seilwinde installiert, an der ein schmales Wägelchen angehängt ist, das genau zwischen zwei Rebenbahnen passt. Dieses Gefährt bietet Platz für einen Maschinisten und die schweren Plastikbehälter mit den geschnittenen Trauben. Mit irrwitzigem Tempo saust der Fahrer zwischen den Reben hinunter, lädt die Behälter auf und lässt sich von der Seilwinde wieder hochziehen. Ich werde meinen Riesling heute Abend ganz anders trinken!

Nach zwei Stunden verspeisen wir das erste Sandwich und trinken etwas. Natürlich mit Blick auf den Rhein, wo wir über zehn Schiffe ausmachen können. Der Schiffsverkehr ist wirklich sehr beeindruckend. Schon den ganzen Tag ist es bewölkt und es weht ein frischer Wind, also brechen wir bald wieder auf. Wandern wärmt mehr als sitzen. Wieder folgt der Grasweg der Hangkante über dem Rhein. Dann steigt der Weg zuerst gemächlich, dann immer steiler und beinahe alpin an Richtung Sieben-Burgen-Blick. Dort befindet sich ein Aussichtsturm, von wo man eben sieben Burgen sehen kann; ein spektakuläres Panorama bietet sich uns! Nebenan liegt ein riesiger Steinbruch, es sieht ein wenig wie im Gabenchopf im Villiger Geissberg aus.

Auf dem höchsten Punkt unserer Wanderung, der Verzweigung «Köhlsche Wiese» auf 455 m.ü.M. tippt Brige den Wegweiser leicht an und sieht mit grosser Bestürzung, wie der ganze Wegweiser nach hinten kippt, am Boden aufschlägt und die Wegweisertafeln abbrechen. Nebenan liegt schon der alte Wegweiser am Boden. Wir staunen beide.

Der folgende Abstieg führt uns in der Falllinie zum Etappenort Trechtingshausen, das man nicht gesehen haben muss. An unserem Hotel direkt an der Durchgangsstrasse steht «Heute Ruhetag», und an der Eingangstüre hängt ein Zettel, dass wir uns in der Bäckerei nebenan melden sollen. Dort erhalten wir die Schlüssel. Es sieht so aus als seien wir die einzigen Gäste im Haus. Im Zimmer zittern die Möbel, wenn die Lastwagen durch das Dorf donnern.