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Westerwaldsteig Tag 6: Westerburg – Wölferlingen

Schon beim Streckenbeschrieb im Reiseprogramm wurde ich misstrauisch. 14 km lang soll die heutige Etappe sein? Das kann nicht stimmen. In der Wanderkarte ist der Westerwaldsteig mit einer Kilometrierung versehen, ich schätze den Weg bis Wölferlingen auf gut 19 km. Sozusagen die Königsetappe also.

Beim Frühstück deutet Brige zum Fenster: Es regnet. Wir fassen unseren Lunch und machen uns auf den Weg. Es nieselt vorerst und es ist immer noch warm, also verzichten wir auf den Regenschutz. Schon nach fünf Minuten aber setzt richtiger Regen ein. Also Regenjacke anziehen und Regenschutz über den Rucksack ziehen.

Nach etwa anderthalb Stunden gelangen wir zu einer Schutzhütte. Hier genehmigen wir uns den ersten Teil unserer Verpflegung. Die Regenjacken breiten wir zum Trocknen aus, aussen sind sie nass vom Regen, innen vom Schweiss. Bei schönem Wetter hätte man hier eine tolle Aussicht. Wir wandern weiter.

Langsam lässt der Regen nach und es wird gleich schwülwarm. Also raus aus den Jacken und hoch mit der Stimmung. Das Adam-und-Eva-Haus, ein «typisches Westerwälder Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert im Fachwerkstil» lassen wir links liegen, auch die «Wassertretanlage für Kneippfreunde» kann uns nicht locken, Wasser haben wir heute genug getreten. Auch der Rest der Wanderung ist unspektakulär, aber schön. Sanft gewellte Gegenden, offene Abschnitte und Waldpartien wechseln sich ab, wir sind zügig unterwegs.

Nach etwas mehr als 20 km treffen wir in Wölferlingen ein; ein Kaff im Westerwälder Niemandsland. Restaurants: 0; Hotels oder Gasthöfe: 0; Läden: 0. Wir rufen, so wie es im Reiseprogramm angegeben ist, im 10 km entfernten Hotel an, und bitten darum, abgeholt zu werden. Das sei jetzt dumm, meint Frau Rückert, eben sei ihr Mann weggefahren, wir müssten uns wohl eine Stunde gedulden. Nun gut. Ich nutze die Zeit, reinige meine Wanderschuhe am Brunnen vor der Wölferlinger Kirche und breite dann alle feuchten Kleidungsstücke zum Trocknen aus, denn die Sonne heizt jetzt wieder mächtig. Als ich sämtliche Bänke mit meinem Zeugs belege und praktisch barfuss neben dem Brunnen stehe, braust Frau Rückert mit ihrem Audi heran. Schnell alles zusammengepackt und dann ab nach Nistertal. Hier sind sogar die Metzgereien und Bäckereien nicht mehr in Betrieb. Ein eher ruhiger Ort, kann man sagen. Ausgerechnet hier werden wir zwei Nächte verbringen.

Mit der Ruhe ist es allerdings schlagartig vorbei, als wir um 19 Uhr das hoteleigene Restaurant betreten. Hier herrscht Hochstimmung! Etwa 30 Mitglieder des Automobil- und Motorradclubs Hoyer e.V. sitzen beim Pils und freuen sich auf das Nachtessen. Bei jeder Runde erschallt vor dem ersten Schluck ein «… drei, vier – Donnerwetter!» aus vielen Kehlen. Ein toller Abend!