≡ Menu

Irgendwann in den frühen Morgenstunden weckt mich ein gewaltiger Donnerknall, die angedrohte Gewitterfront ist also eingetroffen. Als wir kurz nach neun Uhr losmarschieren, hat es aufgehört zu regnen und der Boden trocknet schon wieder. Es ist angenehm kühl, ein Genuss nach der drückenden Hitze der beiden letzten Tage. Wir laufen zurück zum Goldsteig und überqueren bald einen kleinen Fluss mit dem hübschen Namen «Weisser Regen».

Christof stürmt den Kaitersberg

Dann geht es wieder in den Wald und bergauf. Der nächtliche Regen zeigt bereits Wirkung, frische Pilze stossen durch den Boden, man kann ihnen fast beim Wachsen zusehen. Der Weg auf den Kaitersberg ist zum Glück nicht so steil wie der gestern auf den Burgstall, aber der Pfad wird steinig und bald tauchen steile Felswände im Wald auf, an denen sich Kletterer üben.

Die Räuber-Heigl-Höhle ist unbewohnt, hier versteckte sich einst der örtliche Robin Hood. Oben angekommen, lassen wir es uns nicht nehmen, zum 999 Meter hohen Kreuzfelsen hochzusteigen (eine fast alpine Kraxelei), wo uns trotz Wolken eine tolle Aussicht erwartet. Perfekt für eine erste Rast!

Die Aussicht vom Kreuzfelsen 999 m.ü.M.

Der Goldsteig führt weiter auf dem Kamm durch eine Waldlandschaft mit einzelnen Felsgruppen. Immer wieder haben wir eine tolle Aussicht ins Zeller Tal im Süden. Trotz des eher trüben Wetters sind recht viele Wanderer unterwegs.

Typische Kammlandschaft mit Brige

Es ist ein stetiges Auf und Ab, und nach der Kötztinger Hütte, in der ordentlich Betrieb herrscht, wird der Steig recht anspruchsvoll. Wir befinden uns nun im «Steinbühler Gesenk» und nehmen den schwierigen Weg durch die Rauchröhren. Meinen die meine Socken? Nein, zwei über 30 Meter hohe Felstürme, in deren Nähe die Menschen während des Dreissigjährigen Krieges Schutz suchten.

Der Steig durch die Rauchröhren

Nun geht es wieder bergab Richtung Eck, vorbei am grossen Riedelstein, wo leider kein hübscher Rastplatz vorhanden ist. Also setzen wir uns wenig später auf einen umgestürzten Buchenstamm, um unseren Hunger und Durst zu stillen. Kaum haben wir ins Sandwich gebissen, fängt es tatsächlich an zu regnen! Also Schirm auspacken, alles regensicher verstauen, schnell fertig essen und die letzten zwei Kilometer zum Berggasthof Eck marschieren. Der Regen wird immer heftiger, aber bald sitzen wir im Trockenen bei Kaffee und Kuchen.

{ 0 comments }

Wir werden früh wach und sind bereits um 07:00 im Frühstücksraum. Acht Tische sind aufgedeckt, sechs davon bereits benutzt und verlassen. Und wir dachten, wir seien Frühaufsteher. Dafür spielen wir jetzt unsere mehrjährige Weitwandererfahrung aus: Das Richtige am Büffet für das Frühstück aussuchen, zwei Sandwiches richten, das geht aus einer Hand.

Kurz nach acht Uhr starten wir bei bedecktem Himmel und immer noch schwülen Verhältnissen, ein Gewitter letzte Nacht hätte gut getan. Wir verlassen Furth im Wald, passieren die Sportanlagen in der Wutzmühle, wo wir auf deutsch und tschechisch die aktive Fussarbeit repetieren …

Sehr wichtig beim Wandern!

… und wo der Fussballclub Furth im Wald in zwei Wochen sein 100-Jahr-Jubiläum feiern wird.

Wir sind praktisch alleine unterwegs, dann und wann kreuzen wir Hündeler auf ihren Morgenrunden. Die Hunde sehen dabei deutlich frischer aus als ihre Halterinnen und Halter.

Die Route ist gut ausgeschildert, wir kommen zügig vorwärts, nur mit dem vielgelobten Möblierung werden wir nicht richtig warm. Wo bleiben die Rastbänke, wenn man pausieren möchte? Also setzen wir uns auf einen Baumstrunk und trinken, denn bald wird es aufwärts gehen. Innert Kürze entdecken Ameisen meinen Rucksack und marschieren schnurstracks hinein. Nun denn, dann wandern sie halt mit, wenn’s weiter geht.

Wir sind ja heute Morgen bei km 195 des Goldsteigs eingestiegen, die ganzen „Flachetappen“ ab Marktredwitz bis Furth im Wald schenkten wir uns. Das merken wir jetzt, denn der erste richtige Aufstieg auf den Burgstall hat es in sich. Auf kürzester Strecke führt der verblockte Weg mehr oder weniger direkt in der Fallinie von 600 auf fast 1000 Meter hoch; mir tropft der Schweiss aus dem Gesicht, auch die Arme sind nass und zu allem Elend geraten wir mehrmals in dichte Schwärme mit feinsten durchsichtigen Fliegen oder Mücken, die an uns gleich kleben bleiben.

Oben tragen wir uns im Gipfelbuch ein, geniessen die Aussicht auf den Drachensee, aufs weite Land und auf die Antenne des Bayerischen Rundfunks.

Beste Grüsse aus Brugg!

Blick auf den Drachensee

Blick ins bayerische Land

Ränne um d’Antänne

Brige halluziniert von riesigen Gläsern mit Apfelschorle, leider ist die erste Raststätte auf der heutigen Tagesroute geschlossen und die zweite, die kurz danach folgt, dermassen unattraktiv, dass wir weiterwandern und uns bei der Seelenbrunnen-Hütte selbst verpflegen.

Der Abstieg führt noch durch Wald, schon jetzt merken wir, wie es immer heisser wird. Als wir den Wald verlassen, brennt es unbarmherzig vom Himmel. Aber schön ist es hier!

Schön. Und schön katholisch.

Unsere Unterkünfte liegen nicht immer direkt am Goldsteig. Deshalb verlassen wir die gelb markierte Route und wandern noch 2 Kilometer zum Weiler Thening, …

Auf dem Weg zur Pension

… wo wir in der schmucken Pension Weiss von Frau Weiss herzlich in Empfang genommen werden. Auf dem Kurzrundgang durch die Pension zeigt sie uns auch den grossen Kühlschrank und die Harassen gleich daneben. Hier muss niemand verdursten. Ich greife gleich zu beim lokalen Bier. Prost!

{ 0 comments }

Viele Stunden im Zug liegen vor uns, deshalb geht es schon kurz nach sechs Uhr in Brugg los. Dafür wartet in Zürich eine schöne Überraschung: Die Fahrt nach München dürfen wir im Panoramawagen geniessen! Dies ist das erste Mal, dass uns der Weg in die «deutschen» Wanderferien nicht über Basel führt. Die Fahrt bei prächtigem Wetter zum Bodensee und durch das Allgäu nach München ist eine schöne und willkommene Abwechslung, zudem wird in Lindau die Lok von Strom auf Diesel gewechselt. Im Zug ist es allerding etwas unruhig, die Passagiere schwatzen und pilgern in einer Aufregung umher, dass ich mich frage, ob Vollmond ist (ist nicht).

Nach einer kurzen Verpflegungspause in München – es ist inzwischen Mittag geworden – folgt die zweite Etappe in einem Zug, der mehrere Kategorien weniger komfortabel ist: Ein ziemlich alter Alex erwartet uns, immerhin mit mässig gut klimatisierten Erstklass-Abteilen. Dort sind wir zwar für uns, aber draussen lärmen pausenlos Kinder. Dieser Zug hat es in sich, denn wer nicht im richtigen Zugsteil sitzt, endet am falschen Ort. Drum wird es in Schwandorf ernst: drei Wagen fahren weiter nach Hof und vier Wagen via Furth im Wald nach Prag. Wir sitzen zum Glück im richtigen, sprich im tschechischen Zugsteil und werden von der schwülen Wärme langsam teigig im Kopf. Unterwegs entdecken wir modernste Züge der Oberpfälzer Dampfnudelbahn, wie wir die Oberpfalzbahn nennen. Wir würden gerne tauschen.

Kurz vor vier Uhr kommen wir endlich in Furth an. Das Hotel liegt praktischerweise dem Bahnhof genau gegenüber. Wir gehen ins Städtchen, das ganz hübsch ist, jedoch leider nicht verkehrsfrei. Es ist drückend heiss, es könnte nachts ein Gewitter geben. Wir befinden uns alles andere als am Startort des Goldsteigs, finden aber trotzdem eine Informationstafel. Auch die Route haben wir entdeckt, so dass wir morgen direkt loswandern könnnen. Wir freuen uns!

Brige in Furth im Wald

Dies wird übrigens eine Jubiläumswanderung, die zehnte Fernwanderung in Deutschland! Wir repetieren kurz: Fischland-Darss-Zingst, Rheinburgenweg, Malerweg, Westerwaldsteig, Saar-Hunsrück-Steig, Schluchtensteig, Hochrhöner, Neckarsteig, Hermannsweg. Der Name Goldsteig passt also hervorragend!

{ 0 comments }

Goldsteig – Tag 0

Wir freuen uns sehr auf unsere kommende Weitwanderung:

Ab dem 15. Juni sind wir unterwegs auf der Nordroute des Goldsteigs!

Wir starten in Furth im Wald, dann folgen 14 Etappen mit insgesamt rund 230 Kilometern und 8’000 Höhenmetern, und am 28. Juni kommen wir verschwitzt in Passau an.

Wir werden wenn möglich täglich hier berichten, wie es uns ergeht, und einige Fotos veröffentlichen.

Ich darf nicht mit, ich bin nur ein Testbild.

{ 1 comment }

Hermannsweg – die Fotos

Und wiederum haben wir grossartige Wandertage in Deutschland verbracht: Diesmal im Teutoburger Wald, der zum grossen Teil aus drei parallelen Kämmen mit diversen Einschnitten besteht. Der nördliche Kamm ist aus Muschelkalk, der mittlere (der Hauptkamm) aus Sandstein und der südliche aus Kalkstein. Auf den Kalksteinkämmen sah es ein bisschen aus wie bei uns im Jurapark, deshalb gefiel und der Sandsteinrücken am besten. Dort fanden wir Birken, Eichen und Föhren sowie Heidelbeeren und Wacholder im Gegensatz zu den von Buchen geprägten Kalksteinwäldern mit dem ewigen Springkraut. Hier ist nun das Fotoalbum zu finden:

https://photos.app.goo.gl/pqYZTE7cz8yBx8jV8

An den Unterkünften gab es diesmal nichts auszusetzen, abgesehen davon, dass sie teilweise bis zu zwei Kilometer vom Hermannsweg entfernt lagen. So kamen wir während unserer acht Wandertage auf 175 gegangene Kilometer. Gegessen haben wir auch gut, teilweise sehr gut. Das Wetter hätte besser sein dürfen, sprich sonniger und wärmer, aber viel Regen hatten wir zum Glück nicht. Zum Wandern war die Temperatur, die nur an zwei Tagen über 20 Grad stieg, eigentlich ganz angenehm. Am letzten Wandertag wurde es strahlend schön, und wir hatten grosse Lust, gleich noch den Eggeweg anzuhängen, der an den Hermannsweg anschliesst. Tja, das nächste Mal …

Hermänner oder Weicheier?

{ 0 comments }

Noch bevor wir uns am Frühstücksbuffet die Bäuche vollschlagen, bestellen wir an der Rezeption des Hotels ein Taxi, das uns später zum Bahnhof fahren soll. Das ist gar nicht so einfach. Vier Telefonate sind nötig, bis die hilfsbereite Angestellte eines auftreiben kann. «Sonst muss ich in Detmold anrufen, dann müssen Sie auch die Anfahrt bezahlen», droht sie nach der dritten Absage. Glück gehabt.

Zwei Minuten vor neun fährt ein blitzblanker Skoda vor mit einer ausgesprochen freundlichen Fahrerin. «Nein nein, das Auto hat schon über 100’000 Kilometer, aber die Gäste sollen sich ja wohlfühlen, deshalb wird der Wagen gut gepflegt», erklärt sie auf Christofs Frage, ob das Taxi neu sei. Wirklich, man traut sich kaum, etwas anzufassen.

Am Bahnhof Horn – Bad Meinberg

Die Rückreise verläuft reibungslos. Wir steigen um in Altenbeken und anschliessend in Kassel-Wilhelmshöhe. Von dort bringt uns der ICE bis nach Basel. Je weiter wir südlich kommen, um so dichter werden die Wolken. Irgendwie reisen die immer mit uns. Von Basel nach Brugg sitzen wir in einem Uralt-Wagen der SBB und fühlen uns wie auf der Schulreise. In Rheinfelden steht ein tadellos herausgeputzter Roter Pfeil (inklusive Tischtüchern und Apérogläsern) abfahrbereit auf dem Nebengleis. Da erwägen wir kurz umzusteigen.

Nun geniessen wir zu Hause den grossen Fernseher mit dem scharfen Bild für die restlichen Spiele der Fussball-Weltmeisterschaft.

{ 0 comments }

Das Waldhotel Brand’s Busch, in dem wir übernachtet haben, liegt zum Glück fast auf dem Kamm, so dass wir nicht als erstes bergauf laufen müssen. Auch heute wandern wir auf sehr schönen Waldwegen und haben immer wieder Aussicht ins flache Umland. Die erste Attraktion auf der Etappe ist der «Eiserne Anton», einer der wenigen eisernen Bismarcktürme. Obwohl der «Anton» nicht hoch ist, erfordert er Schwindelfreiheit: Man kann von oben bis unten hindurchsehen.

Natürlich besteigen wir den Eisernen Anton.

Auch heute treffen wir immer wieder auf umgeknickte oder entwurzelte Bäume. Da sind wir froh, haben wir nur den bedeckten Himmel zu beklagen und nicht ein solches Unwetter, dass der Wald umfällt.

Zum Glück fliegen uns keine Bäume um die Ohren.

Später überqueren wir die Europastrasse 34, eine dreispurige Autobahn. Danach verzweigt sich der Hermannsweg beim Gasthaus Deppe, so dass man für rund zwei Kilometer zwischen zwei Varianten wählen kann. Ich vermute, dass eine Alternative geschaffen wurde zum Originalweg, der etwa 300 Meter entlang der E34 verläuft. Hat man diese aber überstanden, wird die Route wieder ausgesprochen lauschig. Wir treffen einige Waldgänger an: mit Hunden, mit Walkingstöcken oder Laufschuhen. Einem älteren Paar auf Nordic-Walking-Runde begegnen wir zweimal, und der nette Herr aus Bielefeld erfrecht sich uns zu fragen, warum wir noch nicht weiter gekommen sind – ausgerechnet uns Hochgeschwindigkeitswanderer! (Die Rast erklärt den Rückstand.)

300 Höllenmeter

Es folgt die «Bergstadt» Oerlinghausen, die dekorativ am Hang liegt und oben auf dem Tönsberg mit ihrem Wahrzeichen Kumsttonne aufwartet, einem alten Windmühlenstumpf. Die Flügel gingen bei einem Sturm verloren und sind nie ersetzt worden.

Wo sind meine Flügel?

Das weitere Auf und Ab führt uns schliesslich nach Hörste, wo wir den Hermannsweg verlassen und rund zwei Kilometer zum Haus Berkenkamp laufen, einer abgelegenen, gediegenen Pension. Wir folgen endlosen Getreidefeldern, die netterweise angeschrieben sind, so dass wir nun Weizen, Gerste und Roggen unterscheiden können. Schon bald sitzen wir mit den anderen Pensionären bei Cappuccino und Zitronen-Aprikosentorte im gemütlichen Speisesaal, und ich fühle mich ein wenig wie Miss Marple.

{ 0 comments }