Als wir aufstehen, ist alles noch nass vom Regen, und leider sieht es nach noch mehr Regen aus. Ich entschliesse mich deshalb, die erste Etappe gleich in der Regenhose zu absolvieren.

Das scheint zu wirken, denn alsbald zeigen sich Lücken in den Wolken, und den grössten Teil der Wanderung bleiben wir vom Regen verschont. (So richtig nass werde ich eigentlich nur, als ich das Mineralwasserfläschchen aus dem Lunchpaket öffne, das ziemlich unter Druck steht.) Als erstes steigen wir zum Rittersturz hoch, das ist ein Aussichtspunkt über Koblenz und insbesondere die Wiege der Bundesrepublik Deutschland.

1948 fand dort (in einem nicht mehr vorhandenen Gebäude) die Rittersturz-Konferenz statt, an der die Vereinigung der drei westlichen Besatzungszonen beschlossen wurde.

Nun geht es durch den Wald, der Weg ist gut markiert, und immer wieder treffen wir auf sogenannte Schutzhütten: Unterstände, wo man im Trockenen etwas essen könnte, sollte es denn doch regnen. Nach rund zwei Stunden erreichen wir Schloss Stolzenfels, das wir kurz besichtigen. Das Romantikschloss ist gut in Schuss, jedoch nicht gerade nach unserem Geschmack.


Danach gehen wir ein Stück weiter und bekommen Hunger, aber nun ist natürlich weit und breit weder Bank noch Schutzhütte in Sicht. Ausserdem fängt es an zu regnen. Zum Glück halten die Blätter das Gröbste ab, aber es wird eine sehr kurz Mittagsrast auf einem umgefallenen Baumstamm. Selbstverständlich hört der Regen kurz nachher wieder auf. Wir wandern weiter Richtung Rhens, und als wir den Waldrand oberhalb der kleinen Stadt erreichen, steht da eine hölzerne Ruhebank, welche uns zu einer weiteren Pause einlädt.

Wir verzehren den Rest unseres Proviants und geniessen den Blick ins Rheintal. Dann marschieren wir so zielstrebig talwärts, dass wir den Königsstuhl verpassen, den man gemäss Führer keinesfalls verpassen darf!

Rhens ist klein, aber die Altstadt besteht aus sehenswerten schiefen Riegelhäusern und schmalen Gassen. Das freistehende Rathaus ist besonders hübsch. Im Hotel treffen wir auf weitere Wanderer – es sind die ersten heute. Nachdem wir unser Zimmer bezogen haben, machen wir einen kleinen Stadtrundgang und genehmigen uns Cappuccino und Kuchen im «Schiffchen» direkt am Rhein. Später essen wir dort auch ausgezeichnet zu Abend. Der Kellner schwatzt mir einen riesigen Wolfsbarsch auf, den ich mit Hochgenuss verzehre.