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Westerwaldsteig Tag 8: Nistertal – Bad Marienberg

Beinahe eine Sprintetappe ist das heute, die Strecke bis Bad Marienburg ist nur rund 7 km lang. Darum gehen wir ganz langsam und Brige droht, jeden einzelnen Pilz im Wald zu fotografieren, Zeit hätte man schliesslich genug. Kurz nach dem Start unterqueren wir die „Erbacher Brücke“, eine stillgelegte Eisenbahnbrücke, die im August 1911 als technisches Wunderwerk galt, weil sie die grösste Betonbrücke ohne Stahlarmierung war. Die Brücke sieht aus wie neu, kein Moos, keine Flecken, nichts. Unser Weg schlängelt sich hoch auf das Niveau der ehemaligen Bahnlinie. Ein massives Gitter mit Verbotstafel verhindert leider das Betreten der Brücke. Schade, der Blick ins Nistertal wäre sicher spektakulär gewesen.

Der Weg folgt jetzt dem alten Bahntrassee. Im nächsten Weiler unterqueren wir das Trassee wieder und auf der anderen Seite fällt mir ein älterer Herr auf, der vor einer Garage steht und uns fixiert. Aus einer Laune heraus winke ich ihm zu und er ruft: „Sie schicken die Engel, bitte kommen sie her, ich brauche Ihre Hilfe!“ Der Ärmste versucht, den Wohnwagen an seinen PW anzukoppeln, etwa 10 Zentimeter trennen aber die Kupplungsstücke. Mit vereinten Kräften koppeln wir den Wohnwagen am Fahrzeug an. Er strahlt.

Gegen Mittag erreichen wir Bad Marienberg. Mitten im Städtchen stossen wir auf einen schönen Park, wo sich ein Apothekenkräutergarten mit Pflanzen aller Art findet. Daneben ist ein Obstgarten mit vielen alten Apfelbaumsorten angelegt; kneippen könnte man auch noch und den Barfusspfad mit allen Untergrundvarianten benutzen. Wir beschränken uns auf den Verzehr des Rucksackinhaltes. Dann und wann zeigt sich die Sonne zwischen den Wolken und es wird gleich heiss.

Nachdem wir das Zimmer im Hotel bezogen haben, spazieren wir die „Einkaufsmeile“ des Städtchens ab, was schnell erledigt ist. Dann erkunden wir den Wildpark etwas ausserhalb der Stadt, wo die Falknerei sehr zu Briges Enttäuschung geschlossen ist. Einsam putzt sich eine Eule ihr Gefieder. Zum Trost kaufen wir eine Packung Tierfutter am Automaten und locken einen Hirsch an die Fütterungsstelle. Ich zähle zwölf Enden. In einem anderen Gehege äsen Sika-Hirsche. Hier füttern wir ebenfalls. Eine scheue Kuh getraut sich doch noch an die Fütterungsstelle, eine kleine Holzrutsche, die durch das Gitter führt, und leckt das Futter gierig auf. Die andere Kuh steht daneben und macht ein Geräusch, wie ich es noch nie von einem Tier gehört habe, und ich habe viele gehört. Eine Mischung zwischen Fiepen, Heulen und Wimmern, es tönt gerade so, wie wenn man bei einem Lufballon die Luft aus dem auseinandergezogenen Endstück entweichen lässt. Als das Futter fertig ist, beginnt auch die erste Kuh zu fiepen. Wir können uns nicht halten vor Lachen, so komisch tönt das.

Der Rückweg in die Stadt führt uns zu einem tollen Aussichtsturm, von dem aus wir grosse Teile unserer Wanderung überblicken können. Etwas näher an der Stadt liegt der „Basaltpark“, wo wir über Geologie und die Geschichte der Steinbrüche hier in der Gegend einiges erfahren. Auch der Doppelkniehebel-Backenbrecher von gestern wird natürlich erwähnt. Also über Basalt und Steinbrüche kann man uns jetzt alles fragen!

Überall hängen Wahlplakate; die Bundestagswahl ist nicht mehr fern. Wohl nicht alle im Ort scheinen mit Merkels Politik einverstanden; auf einem CDU-Plakat hat einer der besonders schlauen Truppe Angela Merkel einen Hitler-Schnauz gemalt und darunter einige Buchstaben übermalt, so dass anstelle „Gemeinsam erfolgreich“ jetzt „mein reich“ dort steht. Na ja …

Schön, wenn man viel Zeit hat! Im Hotel lese ich die „Westerwälder Zeitung“ von vorne bis hinten und könnte hier noch viel erzählen. Das muss aber nicht sein.

Comments on this entry are closed.

  • Solatti 10. September 2013, 18:10, 18:10

    Herzlichen Dank für die vielen umfangreichen Berichte. Wir verfolgen Euch täglich auf den Internet-Karten. Gibt es auch noch Fotos?

  • Christof 11. September 2013, 18:55, 18:55

    Ja, die werden demnächst veröffentlicht.