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Rothaarsteig Etappe 2 von Willingen nach Winterberg

Der Blick am Morgen aus dem Fenster verheisst nichts Gutes. Der Himmel ist wolkenverhangen, man sieht kaum über das Tal und es regnet stark. Zudem ist es empfindlich kühl. Nun, abwarten. Gemäss Wetterbericht soll es um 10 Uhr besser werden. Also lassen wir uns Zeit am Frühstücksbuffet. Und tatsächlich beginnt es aufzuklaren. Die nette Wirtin versorgt uns mit Getränken für unsere heutige Etappe, wir diskutieren über die Schweizer Skispringer Simon Ammann („wie ein Ziehsohn für uns“) und Andreas Küttel („auch so ein netter Bursche“) und lassen uns anschliessend vom Wirt in die Nähe des Richtplatzes von gestern fahren. Das spart uns einige Höhenmeter auf Asphalt.

Der kurze Anstieg auf dem geschotterten Waldweg bis zum Richtplatz treibt uns den Schweiss aus den Poren; die Jacken müssen weg!

Wieder beim Richtplatz.
Wieder beim Richtplatz.

Der Wanderweg führt entlang der Grenze zwischen den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Hessen. Immer wieder stossen wir auf Grenzsteine.

Auf dem Grenzweg zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen.
Auf dem Grenzweg zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen.

Das Wetter wird schneller besser als prognostiziert. Uns ist’s recht; sonnig und noch nicht zu heiss, perfekt zum Wandern.

Blauer Himmel vor dem Langenberg.
Blauer Himmel vor dem Langenberg.

Durch ein schönes Waldstück erreichen wir den Langenberg, den höchsten Punkt in Nordrhein-Westfalen und der höchste Punkt unserer ganzen Wandertour. Die zwei Harasse hinter dem Stein wecken Briges Interesse. Da hat es noch volle Mineralwasserflaschen, und weit und breit ist niemand zu sehen …

Nun, wir beide haben genügend Wasser dabei. Ich vor allem, denn gestern habe ich ich mich schier vergiftet unterwegs. Ich habe gestern früh meine Trinkflasche im Hotel mit Hahnenburger gefüllt und mich unterwegs über den seltsamen Geschmack gewundert. Bei der zweiten Pause schmeckte es noch scheusslicher, worauf ich die Flasche genauer betrachtete. Pfui Teufel, am Boden war ein Schimmelbelag und im Wasser schwebten Flocken … Also alles ausgeleert und die Trinkflasche entsorgt.

Auf dem Langenberg; 843 Meter über Meer.
Auf dem Langenberg; 843 Meter über Normalnull.

Etwas später erreichen wir die Hochheide-Hütte, wo eine grosse Schaf- und Geissenherde am Fressen ist. Bei der Hütte ist nicht viel los. Eine Gruppe älterer, fitter Frauen beginnt bei der Hütte wohl grad eine Wanderung. Die Chefin löst sich aus der Gruppe und steuert direkt auf mich zu. „Junger Mann! Können Sie eine Foto von uns machen?“. Ich erwidere mit einem Lachen: „Für fünf Euro mache ich das gern!“ Nun sind die Deutschen ja nicht auf den Mund gefallen, und sie kontert schlagfertig: „Dann machen Sie aber zuerst ein Bild von vorn mit der Hütte im Hintergrund und dann ein zweites mit der Aussicht!“ Aber gerne.

Schafe bei der Hochheide-Hütte.
Schafe bei der Hochheide-Hütte.

Die Route führt von der Hütte zum Clemensberg, wo man einen tollen Ausblick hat. Direkt unter uns befindet sich ein Steinbruch, wo Diabas abgebaut wird. Das vulkanische, harte Gestein wird als Schotter oder als Grabstein verwendet

Blick in den Diabas-Steinbruch.
Blick in den Diabas-Steinbruch.

Immer wieder passieren wir kleinere und grössere Pfützen auf dem Rothaarsteig. Gewisse Pfützen sind so beständig, dass sich Molche darin tummeln. Und das verträgt sich schlecht mit den Radfahrern, die auch auf Abschnitten dieser Route unterwegs sind.

Keine Texttafel ohne Ausrufezeichen.
Keine Texttafel ohne Ausrufezeichen.

Nach zwei Stunden beginnt der Magen zu knurren. Gut, dass es so viele Sitzgelegenheiten hat. Kurz vor Küstelberg verzehren wir die Eingeklemmten und trinken klares, wohlschmeckendes Wasser aus sauberen Flaschen … Beim Rasten höre ich in der Höhe einen Vogel seltsam zwitschern, ausmachen kann ich ihn aber nicht. Vor einigen Wochen habe ich eine App auf meinem Mobiltelefon installiert, mit der man Vogelstimmen identifizieren kann. Also wird das gleich getestet: wir hören a) eine Feldlerche und b) eine Goldammer!

Mittagsrast kurz vor Küstelberg.
Mittagsrast kurz vor Küstelberg.

Küstelberg ist unserer Meinung nach die Weltmetropole für die Produktion von Weihnachtsbäumen. Wir haben noch nie so grosse Areale mit Tannen in allen Grössen gesehen. Aber auch sonst ist es schön in der Nähe von Küstelberg. Etwa der Blick über Wiesen in die Ferne.

Blick ins Orketal.
Blick ins Orketal.

Noch immer bewegen wir uns in einer Höhe zwischen 600 und 700 Meter über Meer. Etwa fünf Kilometer nach Küstelberg geht es dann runter ins Orketal. Wir überqueren eine Strasse, wo halsbrecherisch schnell gefahren wird, und gelangen auf der anderen Seite auf den Parkplatz für die Besucher der Ruhr-Quelle. Ein kurzer Spaziergang führt vom Parkplatz zur Quelle, die 2006 neu gefasst und gestaltet worden ist. Die Ruhr ist hier kaum mehr als ein Rinnsal; es tröpfelt nur und wir schätzen, dass es wohl eine Minute dauert, bis ein Litergefäss voll wird. Knapp 220 km westlich von hier mündet der Fluss bei Duisburg in den Rhein.

Wir steigen den Weg neben der Quelle hoch und biegen Richtung Winterberg ab. Nach wenigen Schritten kommt uns eine ziemlich abgekämpfte Frau entgegen. „Bitte, wo ist denn diese Quelle? Mein Mann und ich suchen sie schon die ganze Zeit!“. Wir können helfen und wünschen gutes Gelingen.

Die Ruhr-Quelle.
Die Ruhr-Quelle.

Wer mit einer Iris-zertifizierten Begleitperson unterwegs ist, die auf das Dryas-Zertifikat aspiriert, der hat das Geschenk. Ich lerne viel. Wir sehen tolle Gräser, richtig grosse zartrosa Wolken mit Haar-Straussgras (Agrostis capillaris), meistens begleitet von einem anderen Gras, der Draht-Schmiele (Avenella flexuosa). Dann ist wirklich alles voll mit violettem Fingerhut und wir treffen roten Holunder an und Himbeeren hat es auch überall.

Roter Holunder (Sambucus racemosa).
Roter Holunder (Sambucus racemosa).
Himbeere (Rubus idaeus).
Himbeere (Rubus idaeus).

Müde, aber zufrieden kommen wir in Winterberg an, wo Brige unbedingt ein Kuchenstück benötigt, bevor wir ins Hotel gehen können. Wir setzen uns in ein Café am Hauptplatz und entspannen. Winterberg ist ja international bekannt als Wintersportort. 26 Skilifte, es sieht im Winter aus wie in St. Moritz!

Nach dem Einchecken und Duschen im Hotel geht es wieder raus und rein in die Winterberger Gastronomie. Wieder am Hauptplatz verzehren wir einen feinen Salat und einen Wrap mit Pommes. Dass die Biere in diesem Land gut sind, ist kein Geheimnis. Vorgestern genoss ich ein Paderborner Pilger naturtrüb, gestern gab’s ein Willinger Landbier Dunkel und heute ein Schlösser Alt aus Duisburg.
Prost!

Schlösser Alt.
Schlösser Alt.
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Rothaarsteig Etappe 1 von Brilon nach Willingen

Zum Start unserer Wanderung auf dem Rothaarsteig erwartet uns eine lange Etappe von 26 Kilometern und 900 Höhenmetern. Da sind wir froh, können wir die ersten 500 Meter auslassen, die vom Marktplatz in Brilon ausgehen und die wir gestern schon dreimal abgelaufen sind. Bei bestem Wetter marschieren wir durch schmucke Häuserzeilen und erreichen den Stadtrand schnell.

Und schon sind wir im Wald, was nicht überrascht, immerhin ist Brilon „die Stadt des Waldes“ und tatsächlich die waldreichste Kommune Deutschlands. Im Januar 2007 hat der Orkan „Kyrill“ allerdings viel von diesem Wald zerstört. Inzwischen sieht das jedoch prächtig aus, und wir laufen fast den ganzen Tag durch Wiesen und naturnahe Wälder, da man in Brilon erkannt hat, dass Fichtenkulturen nicht nachhaltig sind.

Weit sind wir noch nicht gekommen, aber es gefällt uns schon ausnehmend gut!

Der Rothaarsteig ist sehr gut markiert, und es gibt viele Bänke und Tische zum Rasten. Wandernde Menschen sehen wir wenige. Der erste der vielen Hügel, über die wir heute laufen, heisst Poppenberg. Hier entspringt die Möhne, ein Nebenfluss der Ruhr, welche wiederum ein Nebenfluss des Rheins ist. Ich lerne wieder viel heute! Danach folgt der Borberg mit herrlicher Aussicht.

Die Friedenskapelle Brilon auf dem Borberg

Bald haben wir die ersten 10 Kilometer geschafft. Bevor es auf die Ginsterköpfe geht, gönnen wir uns eine Pause.

Hübsche Wege allüberall

Von den Ginsterbergen aus sehen wir zum ersten Mal die Attraktion der Gegend: die Bruchhauser Steine. Gestern Abend im Hotel überlegten wir noch zu diesen Steinen hochzusteigen, die nicht an unserem Weg liegen, aber das wären dann doch zu viele zusätzliche Höhenmeter geworden. Also begnügen wir uns damit, ihre Namen auswendig zu lernen (Goldstein, Bornstein, Feldstein und Ravenstein) und im nahe am Rothaarsteig gelegenen Informationszentrum Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen. Das ist bei Kilometer 17 unserer heutigen Etappe.

Links im Wald die Bruchhauser Steine

Frisch gestärkt machen wir uns an den Endspurt. Das heisst nochmals ein happiger Aufstieg zum Richtplatz oberhalb von Willingen, unserem heutigen Etappenziel.

Raue Sitten herrschten früher

Nun verlassen wir den Rothaarsteig, steigen ab nach Willingen und befinden uns … äh … in einem Skigebiet!

Ja, in Hessen kann man Ski fahren!

Es hat hier wirklich viele Ski- und Sessellifte. Ein Flowtrail wird von einigen Bikern rege genutzt. Ausserdem steht ganz in der Nähe von Willingen die Mühlenkopfschanze, die weltweit grösste Skisprungschanze. Und unser Hotel beherbergt regelmässig das Schweizer Team der Skispringer, wie wir gleich beim Check-in erfahren. Sachen gibt’s …

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Von Brugg nach Brilon

Um 05:00 steigen wir aus den Federn. Noch die letzten Dinge einpacken, dann los zum Bahnhof. Der Kiosk hat noch nicht offen, also verschiebe ich den Kauf der Zeitung auf Basel, wo wir auch noch zwei Kaffees kaufen. Kurz nach sieben Uhr sitzen wir im ICE und sausen über Karlsruhe, Mannheim und Frankfurt nach Kassel-Wilhelmshöhe. Weil gebaut wird, dauert unser Aufenthalt dort etwas länger. Wir geniessen ein feines Mittagessen und vertreten uns die Beine vor dem Bahnhof. In der Ferne erspähen wir den Herkules, das Wahrzeichen im Bergpark Wilhelmshöhe. Diese Anlage haben wir 2017 beim Besuch der documenta14 besucht.

Mittagessen im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe
Mittagessen im Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe

Von Kassel geht es dieselgetrieben Richtung Westen. Wir fahren bis Warburg, steigen dort um in den Zug nach Brilon-Wald und steigen dann nochmals um in den Zug nach Brilon-Stadt, wo wir 14:52 Uhr ankommen.

Blick aus dem Regionalzug zwischen Brilon-Wald und Brilon-Stadt
Blick aus dem Regionalzug zwischen Brilon-Wald und Brilon-Stadt

Nach neun Stunden sind wir froh, dass wir zu Fuss zum Hotel spazieren können. Es ist bewölkt, aber angenehm warm. Dann erkunden wir das herausgeputzte Brilon, wo sich nur wenige Leute verlieren. Im Backhaus Café Liese genehmigen wir uns einen Bienenstich und Kaffee. Was man auf den beiden Tellern sieht, ist übrigens eine halbe Portion. Der Verkäufer wollte kaum glauben, dass das für uns reicht.

Endlich ... Bienenstich!
Endlich … Bienenstich!

In Brilon gefällt es uns ausnehmend gut, es ist sehr gemütlich, klein, die Leute sind entspannt, es hat überraschend wenig Verkehr, was wir beim Abendessen draussen auf dem Marktplatz sehr schätzen.

Die Eheleute Elias Jordan und Anna Griese haben dieses Haus 1744 gebaut.
Die Eheleute Elias Jordan und Anna Griese haben dieses Haus 1744 gebaut.

Auf der anderen Seite des Marktplatzes steht das Briloner Rathaus, das uns nicht nur wegen der vier Geweihen beeindruckt. Links auf den Gehweg kann man eine Stele erkennen.

Das Rathaus von Brilon.
Das Rathaus von Brilon.

Diese Stele ist sozusagen der „Oltener Nullmeter“ des Rothaarsteigs; Brige zeigt auf den Startpunkt unserer Wanderung, die morgen beginnt.

Der Startpunkt! Hier beginnt morgen unsere Wanderung.
Der Startpunkt! Hier beginnt morgen unsere Wanderung.
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Rothaarsteig, das Vorbereiten

Morgen reisen wir nach Brilon, der Perle im Hochsauerland. Die Hansestadt Brilon ist nicht nur der Geburtsort von Bundeskanzler Friedrich Merz, sondern vor allem der Startpunkt des Rothaarsteigs, den wir ab Montag unter die Füsse nehmen werden.

Rothaarsteig? Wir sind mitten in Deutschland unterwegs:

Jetzt stehen noch die letzten Vorbereitungen an; Packen, Euro wechseln, den Fahrplan der Deutschen Bahn konsultieren, ob die Anreise wie geplant erfolgen kann. Das kann sie nicht, wegen Bauarbeiten kommen wir zu einer längeren Pause in Kassel-Wilhelmshöhe. Auch gut, dann können wir dort gemütlich mittagessen.

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Lechweg, Rückreise von Füssen nach Brugg

Am Dienstagmorgen nach dem Frühstück will der nette Concièrge unbedingt mit meiner Vorgesetzten sprechen und sie überzeugen, dass wir noch einige Tage in Füssen bleiben müssten, unser Zimmer wäre noch für zwei weitere Nächte verfügbar! Aber leider nein – wir checken aus und spazieren bei schönem Wetter zum Bahnhof Füssen, wo die Bayerische Regionalbahn pünktlich Richtung Buchloe abfährt.

Wir lassen das schöne Füssen und das Lechtal hinter uns und freuen uns über die Aussicht aus dem Zug. Die Gegend wird immer flacher, der Himmel blau und frisch gestrichen, weisse Wolken, klare Herbstluft. Wir halten in Weizern-Hopferau, in Lengenwang und Leuterschach, in Ebenhofen und Biessenhofen, in Kaufbeuren und endlich auf die Minute genau in Buchloe. Das ist auch gut so; wir haben nur wenige Minuten Umsteigezeit für den IC nach Zürich. Auch das klappt; unsere beiden reservierten Sitze im sehr gut gefüllten ersten Wagen sind noch frei.

Wir fahren ziemlich pünktlich ab, nehmen aber nach unserem Dafürhalten nicht richtig Tempo auf, sondern zuckeln eher gemütlich durch das Allgäu. Bei jedem Zwischenhalt wird der Rückstand auf den Fahrplan grösser, und der bemitleidenswerte Zugbegleiter muss immer neue Hiobsbotschaften über die Lautsprecher verbreiten. „Ein vorausfahrender Zug behindert uns“, „der fahrplanmässige Halt in St. Gallen entfällt“, „der fahrplanmässige Halt in Zürich-Flughafen entfällt“.

Hangrutsch bei St. Gallen St. Fiden.

Ein Hintergrund der Misère liegt in der Schweiz; der grosse Hangrutsch bei bei St. Gallen St. Fiden behindert den Zugverkehr; oft muss der Schnellzug über die Strecke Romanshorn, Amriswil, Weinfelden nach Winterthur geführt werden. Wir auch; aber die Fahrt entlang dem Bodensee ist natürlich toll.

Müde, aber voller Eindrücke treffen wir in Brugg ein. Hier noch einige Bilder im Rückblick:

Das „Huber Hus“, das Heimatmuseum in Lech.
Im Holzgauer Haus in Lechleiten gab’s fantastische Spinatknödel und ein ebensolches Trappistenbier, ein Nivard aus der Brauerei Stift Engelszell.
Einer der vielen Wasserfälle: der 80 Meter hohe Hägerauer Wasserfall.

Wenn man bei der Seilhängebrücke Holzgau senkrecht nach unten fotografiert und die Baumspitzen von oben sieht – wir sind 105 Meter über dem Grund.
In der Nähe von Benglerwald. Wie wir das folgende Teilstück ungesichert überstehen konnten, das verstehen wir noch heute nicht.
Brige (cert. Bellis et Iris) rückt dem Deutschen Enzian auf den Pelz.
Wanderwegweiser in Elmen.
Was hier angezeigt wird, wissen wir auch nicht.
Den Holzschuhen nach muss das ein Wanderwegweiser für Holländer sein.

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Lechweg Etappe 9 von Pflach nach Füssen

Schon gestern freuten wir uns über die Wetterprognosen. Auch heute soll es mindestens am Vormittag regenfrei bleiben. Der Himmel ist früh am Morgen noch etwas bewölkt, es wird aber schnell schöner.

Wir fahren mit der österreichischen S-Bahn, die von Garmisch-Partenkirchen herkommt, von Reutte ins benachbarte Pflach. Ich habe gestern online zwei Tickets gekauft, zusammen € 5.80. Und tatsächlich werde ich in den 3 Minuten Fahrzeit vom Schaffner kontrolliert.

In Pflach führt der Lechweg sozusagen direkt vom Perron weg. Den Lech verlieren wir bald aus den Augen, der Fluss macht eine weitgebogene Linkskurve um den Kitzberg nach Füssen, wir hingegen wandern ziemlich direkt Richtung Füssen. Ziemlich direkt bedeutet hier auch immer wieder auf- und abwärts.

Der erste Aufstieg führt zum Kniepass und zur Sternschanze, einer Burgruine mit zwei Grundmauern und zwei Durchblicken. Brige ist etwas enttäuscht, denn beim Namen „Sternschanze“ erwartete sie eher ein geheimes militärisches Lagezentrum der deutschen Wehrmacht in Form einer riesigen Bunkeranlage.

Aufstieg zum Kniepass und letzter Blick auf den Lech.

Langsam macht sich die Nähe der Schlösser der Wittelsbacher Königsfamilie bei Füssen bemerkbar. Wir sind gespannt, was wir bei unserem zweiten Besuch in der Region antreffen werden.

Wir nähern uns den weltberühmten Schlössern.

Doch vorerst geht es weiter durch den Tannen- und Buchenwald; wir haben die alpine Vegetation definitiv verlassen. Bald können wir einen ersten Blick auf den Alpsee und auf das Museum der bayerischen Könige werfen.

Ein erster Blick auf den Alpsee.
Und ein erster Blick auf das Museum der bayerischen Könige in weiter Ferne am entfernten Ende des Alpsees. Achtfache Vergrösserung mit dem Digitalzoom der Handykamera; das gibt nichts Schlaues …

Der Abstieg zum Alpsee führt durch ruppiges Gelände, ein Abschnitt ist sogar mit Stahlseilen ausgestattet, die wir gerne nutzen. Es ist feuchtrutschig und steil. Weiter unten passieren wir den sogenannten Israeliten, eine markante Felsformation. Bis jetzt sind wir mehrheitlich alleine unterwegs.

Links der sogenannte Israelit, eine eindrückliche Felsformation über dem Alpsee.

Das ändert sich schlagartig am Alpsee, den man auf einem ebenfalls überraschend ruppigen Wanderweg umrunden kann. Der See weist einen hohen Pegelstand auf, der Weg ist stellenweise unter Wasser. Wir staunen, wie die Leute hier unterwegs sind; Ausflügler mit Turnschuhen, ältere Leute, die schlecht zu Fuss sind, Familien mit Kleinkindern, die ihre riesigen Kinderwagen über weite Strecken tragen müssen, ein älterer Herr kommt uns entgegen und stösst sein Fahrrad, es ist uns vollkommen schleierhaft, wie er so weit kommen konnte.

Bei einem Felsvorsprung etwa 30 Meter über dem Alpsee, dem Pindarplatz, hat man einen guten Blick auf die Szenerie. Es ist etwa 12 Uhr und das Wetter ist immer noch sehr erfreulich.

Beim Pindarplatz am Alpsee. Links Schloss Hohenschwangau (gelb), in der Mitte unten das Königsmuseum, rechts Schloss Neuschwanstein
Das haben wir auch bemerkt.

Nach dem Pindarplatz zweigen wir nach Westen ab, und es kommt zu einer Première: Zum ersten Mal begehen wir einen Wanderabschnitt in Deutschland zum zweiten Mal. Der Alpenrosenweg wird uns zum Kalvarienberg über Füssen führen, dieses Stück sind wir bereits am 11. August 2023 abgewandert, allerdings in die entgegengesetzte Richtung.

Auch dieses Mal ist der Schlussaufstieg zum Kalvarienberg steil, die letzten Höhenmeter müssen über eine Treppe erklommen werden. Dafür wird man oben mit einem schönen Blick entschädigt.

Steiler Aufstieg zum Kalvarienberg.
Blick auf Füssen. Am unteren Bildrand der Schatten des riesigen Kreuzes.

Der kurze steile Abstieg führt uns zum Lechfall, dem Ende des Lechwegs. Hier herrscht Hochbetrieb, viel Volk steht auf der Brücke und guckt auf die vier Stufen des Lechfalls flussaufwärts und den Lechklamm flussabwärts Richtung Füssen.

Der Lechfall.
Die Lechklamm.

Das Stauwehr wurde nach einem katastrophalen Hochwasser in den Jahren 1784–1787 realisiert. Gleichzeitig wurde auch ein Ableitungsstollen gebaut.

Wir spazieren dem beruhigten Lech entlang und gelangen über die König-Ludwig-Brücke in die Altstadt von Füssen. Hier brummt es. Touristen aus aller Herren Länder nehmen die verkehrsberuhigte Innenstadt in Beschlag. Wir passieren die Leute und suchen unser Hotel auf. Die letzte Nacht vor der Rückreise werden wir im Hotel zum Hechten in einem kleinen schmucken Dachzimmer verbringen.

Eingangs Füssen. Noch ist es ruhig.
Jetzt nicht mehr. Hochbetrieb in der Innenstadt.
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Lechweg Etappe 8 von Höfen nach Reutte

Gestern hätte unsere Etappe eigentlich in Höfen geendet, denn der Lechweg führt nicht durch die Stadt Reutte, wo wir zweimal übernachten. Wir verzichteten aber auf die Busfahrt und wir liefen das Stück nach Reutte zu unserem Hotel auch noch. Die heutige Etappe führt in einem grossen Bogen westlich um Reutte herum. Wir nehmen also am Morgen den Bus und fahren in wenigen Minuten zurück nach Höfen.

Dort steigen wir wieder in den Lechweg ein, nur um ihn kurze Zeit später wieder zu verlassen. Wir wollen nämlich mit der Gondelbahn auf den Hahnenkamm fahren! Das ist das grösste Skigebiet in der Region und im Sommer ein beliebtes Wandergebiet. Die Bahnfahrt endet etwas unterhalb des Gipfels, aber wir unternehmen die kurze Rundwanderung bis zum höchsten Punkt (1’938 m.ü.A.) und geniessen die grossartigen Aussichten in alle umliegenden Täler und Berge, auch die Zugspitze sehen wir.

Blick zurück auf den Lechzopf
Der Haldensee
Hinten die Bergstation der alten Hahnenkamm-Bahn, in der Mitte die der neuen und das Panorama-Restaurant, unten im Talkessel Reutte

Nach einem Cappuccino auf der Sonnenterrasse des Panorama-Restaurants gondeln wir wieder talabwärts. Das war ein äusserst gelungener Abstecher!

Wir begeben uns zurück auf den Lechweg und setzen die Umrundung von Reutte auf dem Höhenpanoramaweg fort. Bald geht es auf dem komfortablen Feldweg bergauf in den Wald. Dann führt uns ein steiler Pfad hinauf zur Costarieskapelle. Von hier hat man einen schönen Blick auf den Talkessel von Reutte.

Die aussichtsreiche Costarieskapelle

Das war der letzte Anstieg für heute, wir steigen nun wieder hinunter, und zwar zum Frauensee. Am Ufer dieses hübschen Badesees setzen wir uns auf eine Bank, um etwas zu essen und zu trinken. Es gibt auch ein Restaurant hier, aber obwohl Sonntag ist, hält sich die Anzahl Ausflügler in Grenzen.

Der Frauensee lädt zum Bade

Nach der Stärkung steigen wir ab nach Hinterbichl und sind bald wieder am Lech, den wir überqueren.

Der Lech ist auch noch da.

Wir sind nun in der Pflacher Au, die für ihre Vogelviefalt bekannt ist. Es gibt einen 18 Meter hohen Beobachtungsturm, den wir selbstverständlich besteigen. Die Ausdehnung der Aue ist beeindruckend.

Pflacher Au so weit das Auge reicht.

Langsam nähern wir uns unserem Etappenziel Pflach, und zwar entlang des Sportplatzes bei den Schulhäusern, wo gerade ein Fussballturnier stattfindet. Man hört das Kindergeschrei und die Lautsprecherdurchsagen von weitem. Wir erwägen, uns unters Publikum zu mischen und den Wurststand aufzusuchen. Es muss doch einen Wurststand geben?!

In der Nähe des Bahnhofes Pflach endet unsere heutige Etappe. Aber es ist nur ein Katzensprung (knapp zwei Kilometer) von hier bis zu unserem Hotel in Reutte, und so marschieren wir auf einem direkten Radweg zurück, ohne das Ruftaxi zu bemühen. In Reutte gönnen wir uns zum Abschluss ein feines Glacé in einer Eisdiele. Das war wieder ein toller Tag!

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