Heute geniessen wir einen Ruhetag. Ausschlafen wollen wir aber nicht, denn es herrscht Kaiserwetter! Zum ersten Mal bestaunen wir den Wilden Kaiser ohne Wolkenhut.
Der Wilde Kaiser
Und auch sonst wollen wir Berge sehen, viele Berge! Deshalb lösen wir einen Wanderpass (Tageskarte für alle Busse und Bergbahnen) und gondeln als erstes auf das Kitzbüheler Horn. Es ist 1’996 Meter hoch und bietet einen fantastischen Rundumblick (Video von Christof!!!). Wir sehen im Norden bis zum Chiemsee, erkennen den Hochfelln, den wir im Sommer 2020 erklommen haben. Im Süden schweift der Blick bis zum Grossglockner und zum Venediger.
Hinten rechts die Venedigergruppe
Direkt gegenüber steht der Hahnenkamm mit seiner unglaublich steilen Gondelbahn und der weltberühmten Streif. Man kann sie ablaufen, die Tore sind gesteckt. Dort hinauf wollen als nächstes.
Der Hahnenkamm
Die Gondeln der Hahnenkammbahn tragen die Namen der diversen Sieger der Skirennen. Wir erwischen die Nummer 1, die Toni Sailer gewidmet ist – passt. Es geht höllisch steil hoch. Und oben auf dem Hahnenkamm kann man einen Blick aus dem Starthaus der Abfahrt werfen.
Das Starthaus der Hahnenkamm-Abfahrt
Es geht höllisch steil hinunter. Man sieht tatsächlich nur die ersten vier Tore, hinter der Mausefalle verschwindet die Strecke.
Der Start der Streif
Und von unten nach oben sieht das dann so aus:
Brige vor der Mausefalle
Weiter hinunter laufen wir aber nicht, sondern wieder hinauf, um im Restaurant auf dem Hahnenkamm zu Mittag zu essen. Dann gondeln wir wieder hinab und verbummeln den Rest des Tages in Kitzbühel, wie es sich gehört.
Zum ersten Mal wird es beim Frühstücksbuffet teuer, die Wirtin im Viersternehotel knöpft uns zweimal 4 Euro ab für zwei Eingeklemmte. Beim Auschecken zahle ich das mit einem 10-Euroschein, das Herausgeld wird, das ist kein Witz, aus einem Sparschwein herausgeschüttelt. Wenn die wüssten, dass Brige Fachfrau im Finanz- und Rechnungswesen mit eidgenössischem Fachausweis ist …
Der heutige Wanderstart in Ellmau.
So, jetzt aber los und gleich den Berg hoch zur Marienkapelle über Ellmau, die einen schönen Blick auf den Wilden Kaiser bietet. Der trägt immer noch einen Hut.
Blick auf Ellmau. Hinten der Wilde Kaiser.
Nach der Kapelle biegt die Tagesroute in die Ellmauer Rodelstrecke ein und wir gewinnen schnell an Höhe. Wir werweissen, wie viel Schnee hier wohl winters liegen mag, denn Ellmau liegt auf nur gerade 880 Metern über Meer, was uns nicht gerade schneesicher dünkt.
Auf der Rodelstrecke am Wandern.Die Rodelstrecke ist beleuchtet (siehe rechts, links) und kunstbeschneit (siehe mitte).
Oben nehmen wir den empfohlenen Abstecher zur Brenneralm, die einen tollen Weitblick bietet.
Auf der Brenneralm.
Es läuft sich heute sehr gut; wir passieren Lierstätt, Scharlwandalm und die Wirtsalm. Beim Hof auf der Wirtsalm hängt unter dem Giebel etwas; von weitem tippe ich auf einen Hirsch- oder Gemskopf, von Nahe ist es ein zerzaustes undefinierbares Irgendetwas mit Federn. Übel.
Über die Veitkapelle erreichen wir Reith bei Kitzbühel. Der Weg führt schnurgerade über einen frischgemähten Streifen vom Waldrand zur Kapelle und dann ins Dorf hinein.
Weg zur Veitkapelle. Hinten das Dorf Reith. Ganz hinten das Kitzbüheler Horn.
Man merkt die Nähe des Nobelortes gut, die Chalets sehen teuer aus, die Fahrzeuge auch. Sogar die Baumhütten sehen teuer aus.
Das noble Baumhaus mit noblem Treppenaufgang oberhalb Reith.
Es sind jetzt auch ordentlich viele Leute unterwegs, allerdings mehr Spazierende als Wandernde. Viele kleine frisierte Hunde auch. Wir sichten die ersten Bogner-Gilets beim Giehringer Weiher. Dann führt uns der Weg zum Schwarzsee mit seinem Naturschutzgebiet. Der Seename sagt es, wir sind in einem beeindruckenden Moorgebiet und entsprechendem Bohlenweg.
Im Moorschutzgebiet am Schwarzsee.Nach soviel Natur zwischendurch wieder etwas Technik. Hier wird irgendetwas Unappetitliches aus dem Lifestyle & Design Alpenhotel Kitzbühel am Schwarzsee entsorgt. Hinten wird gebaut. Hier wird eigentlich überall gebaut.
Jetzt kommt Kitzbühel immer näher. Wir steuern direkt ins Zentrum, wo uns das Hotel Tiefenbrunner in der Altstadt zwei Tage beherbergen wird. Kitzbühel ist das Ende des ersten Teils unserer Alpenquerung, morgen werden wir einen Ruhetag geniessen – wobei, ich hätte da schon noch Ideen für die eine oder andere Wanderung, es locken schliesslich die Streif und das Kitzbüheler Horn!
Vorerst schlendern wir aber durch Kitzbühel. Der Schaufensterbummel macht müde, oder war das die Wanderung? Nachdem wir kein Badekleid für Brige und keine Hirschlederhose für mich für € 1’550 gekauft haben, geniessen wir einen doppelten Espresso und ein Stück Pistazienkuchen (sehr gut!) und studieren die vorübergehenden Passanten. Es ist aller Gattig Leute unterwegs …
Die Vorstadt in Kitzbühel. Hinten das gelbe und rote Gebäude, das ist unser Hotel.Blick aus dem Hotelzimmer auf den Wilden Kaiser. Jetzt ohne Hut.
Heute ist perfektes Wanderwetter: am Morgen bewölkt und angenehm kühl, am Nachmittag wird es immer schöner und wärmer. Einzig die Fernsicht könnte man bemängeln, aber wir wollen nicht kleinlich sein.
Auf dem Kaiserlift
Wir starten direkt vom Hotel aus und laufen rund zwei Kilometer durch Kufstein bis zum Kaiserlift. Diese Einersesselbahn trägt uns in zwei Etappen à je 12 Minuten hoch zum Brentenjoch auf 1’256 Metern. Die Fahrt ist ruhig und entspannend und führt uns mitten ins wunderschöne Kaisergebirge.
Der zahme Kaiser
Von der Fahrt ist uns ein bisschen kalt geworden, aber nach kurzer Gehzeit Richtung Steinbergalm ist uns bereits wieder warm. Wir sind praktisch alleine unterwegs. Schon beim Sessellift war nichts los, und wir wundern uns, wo all die Leute sind? Immerhin haben hier in der Region die Ferien jetzt auch angefangen, das wissen wir vom Taxifahrer.
Steinbergalm
Von der Steinbergalm aus führen tatsächlich Bergwege auf zwei der wilden Kaisergipfel. Eines der Gipfelkreuze sehen wir und wundern uns, wie man diese steilen Bergflanken hochkommt.
Der wilde Kaiser
Nun folgt der letzte Anstieg zur Hochegg auf 1’470 Metern. Von dort können wir in beide Richtungen des Inntals äugen. Dann geht es nur noch bergab Richtung Hintersteiner See, der angeblich der sauberste im Tirol sein soll. Langsam kommen uns immer mehr Wanderer entgegen, und als wir die Walleralm erreichen – die gleich mit mehreren Restaurants aufwartet – ist der Bann endgültig gebrochen. Ab jetzt herrscht auf den Wanderwegen und Feldstrassen Hochbetrieb mit Ausflüglern auf Schusters Rappen oder E-Bike.
Das Inntal Richtung Norden
Unten beim See ist ein grosser Parkplatz, und ein Shuttlebus fährt halbstündlich nach Scheffau, wo man in den Linienbus umsteigen kann. So wäre es vorgesehen.
Der Hintersteiner See
Wir beschliessen aber kurzerhand, die gute Stunde nach Scheffau zu laufen, da es eine Wanderroute hat. Zuerst müssen etwas auf der kleinen Strasse wandern, aber am Schluss führt der Weg durch die Rehklamm, ein Bachtobel mit etwa einem Dutzend Brücklein.
Christof in der Rehklamm
In Scheffau schaffen wir es irgendwie, von keinem der beiden Busse mitgenommen zu werden, die nach Ellmau fahren, so dass wir kurzerhand ein Taxi bestellen. Wir sind das Taxifahren ja mittlerweile gewohnt.
Wolkenverhangen mit Ansätzen zu blau – so präsentiert sich der Himmel heute Morgen. Also legen wir das Regenzeug bereit, bevor wir uns am Frühstücksbuffet stärken.
Blick aus dem Hotelzimmer in Hinterthiersee. Wolkig? Blauer Himmel!
Wir erhalten das Lunchpaket und eine Tafel Schokolade zum Abschied, dann holt uns das Taxi ab und bringt uns zum nahegelegenen Vorderthiersee; wir sparen uns damit 10 Kilometer Wandern auf Asphalt.
Oberammergau? Nein; das Passionsspielhaus in Vorderthiersee.Der Thiersee.
Am Thiersee hören wir die Musi spielen, sonst sehen wir kaum einen Menschen; Sonntagmorgen in Tirol halt. Wir umrunden den See, passieren die „Wald-Wild-Bienen-Erlebniswelt“ ohne Erlebnis und gelangen auf die Marblinger Höhe.
Wohlbehütet mit dem Heiligen der Reisenden auf der Marblinger Höhe.
Hier folgt die Wanderroute etwa einen Kilometer lang der Strasse, bevor wir Richtung Längsee und Hechtsee abzweigen.
Auch ein Wanderweg …
Letzter ist touristisch gut ausgebaut, ein topfeben gekiester Rundweg, die Seearena Hechtsee, mit allem was halt so dazugehört. Auf der Gegenseite geht es wieder hoch zur Ruine und Kapelle Thierberg, einem schönen Felssporn, von dem aus wir auf das Tagesziel Kufstein und den Inn blicken können. Die Kapelle wird von einem Einsiedler bewohnt, dessen beide Vorgänger beide während rund 40 Jahren hier lebten.
Einsiedler der Kapelle Thierberg.Blick von der Ruine Thierberg auf Kufstein und den Inn.
Wir rasten hier, trocknen Rucksackschutzhülle und Wanderschirm und verzehren das Lunchpaket, das unter anderem zwei steinharte Pfirsiche und Trauben enthält.
Der Abstieg führt direkt nach unten, wir unterqueren die Autobahn, auf der sich der Ferienverkehr staut, wir unterqueren die Bahngleise und gelangen zum Inn, der hier beinahe so breit ist wie in Passau. Wir folgen dem Fluss aufwärts Richtung Altstadt von Kufstein, vor uns immer in Sicht die wuchtige Festung Kufstein.
Der Inn bei Kufstein. Hinten die Festung.Hochwasserschutz an der Uferpromenade. Heute betrug der Pegelstand 221 cm; der Gefahrenbereich beginnt erst bei 600 cm.
Abgestiegen wird im Goldenen Löwen, wir beziehen unser Zimmer im dritten Stock, duschen und gehen gleich wieder hinaus, um die Altstadt zu erkunden. Selbstverständlich will ich auch die Festung sehen, mit der Gästecard des Hotels ist die Schrägliftfahrt, die offiziell „Panoramabahn Kaiser Maximilian“ heisst, für uns gratis, wir werden an der Schranke unten durchgewinkt, während andere noch € 12 aus ihren Börsen klauben.
Blick auf die Panoramabahn Kaiser Maximilian.Blick aus der Panoramabahn auf die Kufsteiner Altstadt.
Die Anlage ist atemberaubend, sie steht auf einem 90 Meter hohen senkrecht abfallenden Felsen, praktisch uneinnehmbar. Im obersten Stockwerk des Kaiserturms befinden sich 13 Zellen, wo während verschiedenen revolutionären Bewegungen politische Häftlinge langjährige Haftstrafen, teilweise „in Eisen“, absitzen mussten. Die Ausstellung ist äusserst bedrückend, der unmenschliche Umgang mit den Insassen schockierend. Nachdenklich verlassen wir den Turm.
Auf der Suche nach den Kasematten verirren wir uns auf die Caroli-Bastion, wo man ebenfalls einen tollen Blick ins Land hat.
Auf der Caroli-Bastion. Was machen eigentlich die Leute da im Hintergrund?
Unten kommen wir am Bürgerturm vorbei, der die Heldenorgel birgt, die grösste Freiluftorgel der Welt, auf der der Amtsorganist seit 2009 täglich um 12 Uhr ein kurzes Konzert spielt, das angeblich bis zu 10 Kilometer weit zu hören ist.
Die mehrstöckige Orgel kann besichtigt werden; wir sind sehr beeindruckt von den knapp 5000 Pfeifen in allen Lagen und Grössen. Ich verstehe von Orgeln relativ sehr wenig, die ganze Fachterminologie der Orgel gefällt mir aber ausnehmend gut! Da weist der Spieltisch vier Manuale und eine Pedalerie auf und in der aktuellen Disposition finden sich unter den Registern ein Gedacktpommer, ein Sesquialter, die Terzzimbel, das Gemshorn, die Bombarde und auch der Choralbass. Die Orgel weist verschiedene Spielhilfen auf, etwa die Kombinationszüge als Manubrien und umschaltbare Crescendowalzen. Schade, dass niemand spielt!
Wir lassen die Festung hinter uns und spazieren in die Altstadt zurück. Das Wetter wird immer besser, es ist merklich wärmer geworden und die Sonne beginnt sich zu zeigen. Wir stärken uns in einem Café am Inn und freuen uns auf das, was noch vor uns liegt.
Um 18 Uhr ist für uns im Goldenen Löwen ein Tisch reserviert. Und pünktlich um 18 Uhr erschallen Orgelklänge! Wir gehen auf den Platz vor dem Hotel und geniessen ein zehnminütiges Orgelkonzert in beachtlicher Lautstärke, denn der Goldene Löwe liegt direkt am Fuss der Festung – ein schöner Tagesausklang!
Als wir zum Frühstück schreiten, sind wir noch gut genährt vom Viergänger gestern Abend, aber wir haben heute eine strenge Etappe vor uns, und so greifen wir trotzdem zu. Ich nehme mir aber vor auf den Kuchen zum Nachmittagskaffee zu verzichten.
Skabiose
Per Taxi, das auch gleich unsere Koffer ins nächste Hotel bringt, werden wir zum Startpunkt unserer Wanderung gefahren, der sich im Nesseltal und damit schon fast in Österreich befindet. Es ist noch etwas kühl und leicht bewölkt – perfektes Wanderwetter. Es geht auch gleich bergauf, so dass uns schnell warm wird. Durch lichten Wald mit wunderbaren Bergblumen, aber auch Erdbeeren, Heidelbeeren, Wachholder und ein paar Pilzen, steigen wir auf den rund 1’360 Meter hohen Nesselberg. Wieder sind wir ganz alleine unterwegs und geniessen die wundervolle Natur und die prächtige Aussicht.
Blick vom Nesselberg
Ein Grenzstein erinnert uns daran, dass wir von Bayern nach Kufstein übertreten, bevor wir zur Mariandlalm hinabsteigen. Und hier in Österreich sehen wir einige Wandersleute, die auch in der schönen Gegend unterwegs sind. Von der Mariandlalm, wo natürlich ein Restaurant steht, geht es nochmals talaufwärts und über einen kleinen Pass, den höchsten Punkt unserer heutigen Etappe. Auch dieser Weg lässt keine Wünsche offen, egal ob man in die Ferne schaut (Berge) oder in die Nähe (Blumen).
Distel
Nun geht es weit hinab: von 1’500 auf 600 Meter. Zuerst machen wir aber eine kurze Pause bei einer kleinen Kapelle auf den Trainsalmen. Hier gibt es sehr viele Kühe, und wir sehen, wie der Lastwagen von Tirol-Milch eintrifft, um die Milch einzusammeln. Wir begegnen ihm nochmals, als wir die Waldstrasse ins Schmiedtal hinunterlaufen. Er fährt ziemlich schnell, und ich bin froh, dass er auf der Kiesstrasse die Kurve erwischt und ich nicht auf ins Tobel hinabhechten muss.
Glockenblume
Unten im Schmiedtal ist es etwas trostlos, aber wir steigen am Gegenhang gleich wieder hinauf Richtung Hinterthiersee. Es ist angenehm schattig und kühl, aber die Bremsen plagen uns etwas. Der Weg führt über einen Hof, der mehr als zwielichtig wirkt mit seiner Unordnung und den Männern, welche hinter dem Haus an irgendwelchen Fahrzeugen herumschrauben. Wir werden auch gleich vom Hofhund belästigt, der seiner Besitzerin überhaupt nicht gehorcht. Tannöd, denke ich sofort.
Knabenkraut
Noch ein kurzer Aufstieg, und dann haben wir es geschafft und erreichen Hinterthiersee, ein schmuckes Dorf, das touristisch geprägt ist. Neber der Pfarrkirche setzen wir uns auf eine Bank und verdrücken den Rest unseres Lunchpaketes. Dann begeben wir uns ins feine Viersternhotel «Thierseer Hof», wo wir als erstes zu Kaffee und Kuchen eingeladen werden.
Nach dem Aufwachen liegen mir die zwei Höllenknödel, die es gestern zum Schweinebraten gab, noch immer auf. Für die heutige Wanderung sollte ich also genügend Kalorien intus haben. Das ist auch gut so, denn der Wendelstein wartet auf uns, der höchste Gipfel der ersten Wanderwoche.
In der Nacht hat es geschüttet, jetzt am Morgen regnet es nur noch und der Himmel ist wolkenverhangen. Beim Frühstücksbuffet sehe ich matschige Wege und glitschige Wurzeln vor meinem geistigen Auge.
Auf dem Weg zur Bushaltestation. Ein bayerischer Nachname.
Die erste Etappe legen wir mit dem Bus zurück. Die Strecke führt entlang dem Schliersee über Fischhausen an Markus Wasmeiers (ja, der Wasi!) Freilichtmuseum vorbei, bei dem es sich um die bayerische Ausgabe unseres Ballenberg-Museums handelt, bis zur Haltestelle Aurach bei Fischbachau. Der Regen hat zum Glück aufgehört, wir marschieren im gewohnten Wandertenü los.
Wo bitte soll hier genau der Wanderweg verlaufen?
Zuerst führt die Route der Strasse entlang. Schon bald verpassen wir (also: ich) einen Abzweiger, und statt zum Wolfsee zu gelangen, erklimmen wir einen Weg, der auf die Abbruchkante des lokalen Steinbruchs führt. Der Ausblick oben ist spektakulär, vor unseren Füssen fällt es senkrecht ab. Aber es hilft nichts, wir sind hier völlig falsch. Also alles wieder zurück.
Über dem Steinbruch. Wir sind hier völlig falsch.
Im zweiten Anlauf klappt es, der Wolfsee kommt ins Bild und wir folgen jetzt brav der Route 594, die uns entlang dem „Kothgraben“ nach Birkenstein führt. Hier beginnt der richtige Anstieg. Auf einem tadellosen Waldweg gewinnen wir schnell Höhe; wir passsieren die Riederalm, wir lassen die Spitzingalm rechts liegen und blicken schon bald ins Tal unter uns.
Über der Spitzingalm.Völlig allein? Nicht ganz; wir werden genaustens beobachtet.
Wir sind völlig alleine unterwegs und geniessen die Wanderung durch die magere Almwiese. Hier blüht es einfach wunderbar. Mittlerweile wandern wir mitten in den Wolken – die Sichtweite beträgt nur wenige Meter und es bläst ein kühler Wind. Der Weg bringt uns direkt unter den Wendelstein. Die letzten 200 Höhenmeter geht es mehr oder minder senkrecht hoch. Bald kommen die Bergstation der Luftseilbahn und das Wendelsteinhaus in Sicht. Endlich oben.
Wobei „oben“ nicht ganz stimmt. Denn zum Gipfel des Wendelsteins sind es nochmals 130 Meter. Der Weg dorthin ist gut ausgebaut und gesichert; er schraubt sich in engen Windungen hoch bis zur Aussichtsplattform.
So, jetzt aber ganz oben! Hinten das Observatorium.
Hier auf 1838 Metern über Meer weht eine steife Brise; meine kurzen Hosen geben nicht wirklich warm. Und sehen tut man auch nichts, nur ab und an reisst es auf und der Blick ins Tal wird frei. Der Gipfel ist für zwei Dinge berühmt: die phantastische Rundumsicht – die wir nur auf der Panoramaerklärtafel erahnen können – und den dunkelsten Nachthimmel Deutschlands, deshalb steht auch das Observatorium hier oben. Brige überlegt sich, wie sich sich Zutritt zum Observatorium verschaffen könnte, um ihre Neugier zu befriedigen. Klingeln? Den Geisssfuss an der Türe ansetzen? Wir ziehen unverrichteter Dinge wieder ab.
Auf dem Rückweg vom Gipfel. Der Schraubenweg.Der Leitungskanal, der vom Observatorium in die Tiefe führt.
Das Restaurant unter dem Gipfel ist überraschend gut besucht. Im vorderen Teil feiert eine geschlossene Gesellschaft eine Hochzeit und auch hinten im Selbstbedienungsbereich sind fast alle Tische besetzt. Der Wendelstein, muss man wissen, ist mit einer Luftseilbahn und einer Zahnradbahn erschlossen.
Blick von der Restaurant-Terrasse ins Tal.
Nach einem wärmenden Kaffee und einem Stück Apfelkuchen gleiten wir mit der Gondel talwärts. Mit uns in der Kabine, der bayerische Zivilstandsbeamte, der oben das Brautpaar vermählt hat, standesgemäss in Lederhosen und kariertem Hemd und einige wenige Wanderer.
Unten ist es von der Talstation nur noch einen Steinwurf bis ins Hotel. Wir stossen auf diesem letzten Wanderkilometer aber noch auf zahlreiche Fotosujets (Brige: „Bitte fotografieren!“), etwa die Installation über dem Bahngeleise, die den Zug vor einem Seilriss der Wendelsteinbahn schützen soll oder das grösste Wildbienenhotel im Landeskreis Miesbach.
Das erwähnte Schutz-Gestell. Vermutlich heisst das Ding in der Eisenbahnverordnung „Schienengleiskörperschutzinstallation“ …Das erwähnte BienenhotelIn Bayrischzell. Keine bayerische Gemeinde ohne Kneipp-Anlage.
Seit Tagen droht uns die Wetterprognose mit einem Regentag zum Start unserer Alpenüberquerung. Richtig losregnen soll es aber erst am Nachmittag. Die heutige Etappe ist mit rund 13 Kilometern und 635 Höhenmetern nicht allzu streng, und so schaffen wir es tatsächlich vor dem Regen über die Hügel vom Tegernsee an den Schliersee.
Zuerst müssen wir mit dem Bus auf die andere Seite des Tegernsees nach – genau – Tegernsee fahren. Von dort geht es gleich steil bergauf durch das Quartier mit den teuren Häusern und Hotelanlagen, es erinnert ein wenig an St. Moritz. Bald sind wir im Wald und wandern auf komfortablen Wegen hoch zum Berggasthof Neureuth, wo wir einen grandiosen Blick ins Tegernseer Tal geniessen. Hier sind wir auf 1’335 Metern über Normalnull bereits auf dem höchsten Punkt der Etappe.
Hinter uns der Tegernsee
Da die Wolken dichter werden und wir nicht am ersten Tag schon nasse Füsse wollen, wandern wir gleich weiter zu den Gindelalmen: zuerst auf dem Kammweg, dann über einen Grashang.
Hübsch, diese Almen
Dort gibt es gleich drei Restaurants. Man wähnt sich ein bisschen in der Innerschweiz, mit so vielen Restaurants wartet die Wegstrecke auf. Und sie sehen durchaus einladend aus. Gäste habe sie praktisch keine heute. Erstens haben die Bayern noch keine Ferien, und zweitens war der Wetterbericht wohl einfach zu schlecht: Wir sind praktisch alleine unterwegs.
Gindelalm 1
Nun geht es über den Auer Berg und vorbei am Rainer Berg zum Huberspitz, wo – wer hätte es gedacht? – ein Restaurant steht. Wir wollen aber auf den Gipfel vom Huberspitz, wie unser Wanderführer empfiehlt, befinden uns jedoch bald neben einem Privatgrundstück mit Haus, wo uns die Besitzerin erklärt, diesen Felsen gäbe es seit vierzig Jahren nicht mehr. Er stehe aber noch in allen Wanderführern und täglich müsse sie Leute fortschicken … Auch sonst erzählt sie allerhand, nicht alles kann man glauben, wir kehren aber um und steigen ab zum Schliersee.
Vor uns der Schliersee
Dort setzen wir uns im Uferpark auf eine Bank, essen unser Brötchen, es ist etwa halb eins geworden, und es fängt ein wenig an zu regnen. Zum Hotel ist es nur noch ein Katzensprung.
Fritz Eichenberger in Von Unterplanken nach Toblach: “Hallo ihr lieben Wandervögel! Schön habt ihr für die letzten Tage auch noch Kaiserwetter und das Gebiet der Drei Zinnen…” 19. Juli 2022
Evi in Kitzbühel: “Für den zweiten Teil wünsche ich herzlich alles Gute. Hoffentlich bleibt dasWetter wanderfreudig. Die Landschaft ist ja wirklich beeindruckend, das…” 14. Juli 2022
Brige in Von Ellmau nach Kitzbühel: “Schön, dass in Brugg alles in Ordnung ist, danke fürs Hüten. Hier wird es nun auch langsam warm (28° heute…” 13. Juli 2022
Fritz Eichenberger in Von Ellmau nach Kitzbühel: “Hoi zäme, schön habt Ihr Halbzeit und könnt einen Ruhetag in Kitzbühel geniessen. Schade dass es kein Foto gibt mit…” 13. Juli 2022
Wirz in Von Bayrischzell nach Hinterthiersee: “Jetzt verstehe ich warum Christof so gerne wandert. Christopherus … Nomen est omen.” 13. Juli 2022